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Diese manchmal mit keulenförmiger Verdickung tief unter der Zeile
endigenden Schlufsschleifen nennt man „Egoismusschleifen“.
Sie bezeichnen stets ein grofses Interesse des Schreibenden am
eigenen Ich. Im allgemeinen ist das Thun und Denken vor¬
wiegend auf die Befriedigung eigener Wünsche konzentriert.
Welche Art von Selbstsucht besteht, mufs in jedem einzelnen
Palle durch die sonstigen Eigentümlichkeiten der Handschrift
ermittelt werden. Sind Besitzpunkte (Taf. II), welche selbst als
kleine ausgefüllte Egoismusschleifen aufgefafst werden können,
sind zugleich die Zeichen der Erwerbssucht oder des Geizes
vorhanden, dann ist auf eine starke Neigung, sich nur für sich per¬
sönlich zu bereichern, zu schliefsen, eine öfters als ^berechnender“
Egoismus bezeicbnete Form.
Findet sich dagegen die Schleife zugleich mit dem links¬
schräg verknoteten, Eigensinn anzeigenden A (S. 55) und f in der
Handschrift willensschwacher, kränklicher Personen, so handelt
es sich um rücksichtslosen Egoismus bezüglich der Herbeiführung
angenehmer Lebensbedingungen, wobei Luft und Nahrung, Licht,
Zeit und Raum anderen unnötigerweise entzogen werden.
Im Verein mit den Zeichen des Ehrgeizes, der Kritik, der
Energie kann die Egoismusschleife des Strebers, welcher alles
daran setzt, eine glänzende Laufbahn zu machen, eine mit der
Eitelkeit verwandte Sucht nach Orden, Titeln und Würden ver¬
raten: eine häufige Abart der Selbstsucht.
Findet sich die Egoismusschleife stark ausgebildet und
wiederholt in der rechtsschräg stark geneigten Schrift des Leiden¬
schaftlichen, so kann Eifersucht vorhanden sein (de Vaks). Der
Liebende gönnt aus Selbstsucht niemandem den Verkehr mit
dem geliebten Wesen, mifstraut ihm in der Angst, es könnte
einem Anderen sich freundlich zeigen und ihm Freundlichkeiten
entziehen, und macht sich unglücklich.
Zuweilen kommt die Schleife auch in Verbindung mit den
Zeichen der Lügenhaftigkeit und Heuchelei vor. Dann wird
man auf eine Neigung zu Verbrechen oder wenigstens auf