Volltext: Erster Theil: Physiologie des Gesichtssinns, Erster Theil: Dioptrik. Nebenapparate des Auges (3)

Veränderung der Linsenkrümnmng. 
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anzunehmen, dass die Krümmung der brechenden Flächen verändert 
werde. In erster Linie hat man wohl die Hornhautkrümmung ins 
Auge gefasst. Eine Aenderung derselben könnte aber wie ein Zu¬ 
rückweichen der Polargegend der Netzhaut nur durch eine Gestalt¬ 
veränderung des ganzen Bulbus bewirkt werden und ist eine solche 
aus den oben angeführten Gründen schon sehr unwahrscheinlich. Es 
ist auch schon vor vielen Jahren von Kohlrausch experimentell 
nachgewiesen, dass die Hornhautkrümmung bei der Anpassung für 
die Nähe keine Aenderung erleidet. Der Grund der vermehrten 
Myopie bei der Anpassung kann demnach schon von vornherein 
eigentlich nur in Veränderungen der Linse gesucht werden. Zur 
Aenderung ihrer Lage und Gestalt reichen auch schon geringe Kräfte 
aus, da der intraokulare Druck von allen Seiten auf dieselbe wirkt 
und mithin nicht als Gegenkraft in Betracht kommt. Aehnlich wie 
eine Verstärkung der Krümmung würde übrigens auch ein Vorschie¬ 
ben der ganzen Linse gegen die Hornhaut hin wirken, auch dadurch 
würde der Erfolg herbeigeführt werden, dass ein in der wässrigen 
Feuchtigkeit fortgepflanztes Strahlenbündel früher zur Vereinigung 
kommt. Die Annahme, dass die Anpassung für die Nähe auf dem 
Vorrücken der Linse beruhe, ist von Hueck sehr sorgfältig entwickelt 
und hat sich in der physiologischen Optik lange Zeit behauptet. Dies 
ist um so merkwürdiger als ihr nicht nur die Schwierigkeit einer 
mechanischen Erklärung des Vorrückens entgegensteht, sondern noch 
weit mehr der Umstand, dass die faktischen Leistungen des Accom- 
modationsvermögens ein so weites Vorrücken fordern würden, dass 
es dem oberflächlichsten Blicke nicht entgehen könnte. 
Obwohl nach diesen Erwägungen schon von vornherein die An¬ 
passung des Auges für die Nähe kaum anders erklärt werden kann als 
durch verstärkte Krümmung der Linse, so ist doch diese Theorie 
in der Geschichte der Wissenschaft erst zuletzt aufgetreten. Nachdem 
zuerst M. Langenbeck beiläufig bemerkt hatte, dass die von den 
Linsenflächen gelieferten Reflexbilder bei der Anpassung für die Nähe 
Veränderungen erleiden, haben später Cramer in Holland und Helm¬ 
holtz gleichzeitig und unabhängig von einander in exakter Weise 
durch Beobachtung dieser Veränderungen nachgewiesen, dass die 
Anpassung des Auges für die Nähe bewerkstelligt wird durch Zu¬ 
nahme der Krümmung beider Linsenflächen, so jedoch, dass vorzugs¬ 
weise die vordere Linsenfläche stärker gewölbt wird und dass der 
hintere Linsenscheitel merklich an Ort und Stelle verbleibt. 
Wir folgen bei der ausführlicheren Darstellung den Untersuchun¬ 
gen von Helmholtz, die an denselben Augen angestellt sind, an
	        
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