122 Fick, Physiöl. Optik I. 6. Cap. Abweichungen d. wirklichen Auges vom idealen.
schnurartiger Gestalt. Sie sind die Schatten von Unregelmässigkeiten
im Glaskörper, die meist beweglich sind.
Endlich ist zu erwähnen, dass das ganze entoptische Gesichts¬
feld wie bestäubt erscheint, was offenbar von den feinsten überall
mehr gleichmässig verbreiteten Unregelmässigkeiten der brechenden
Medien herrührt.
Unter gewissen Umständen taucht bei der entoptischen Beobach¬
tung noch ein sehr bemerkenswerthes Objekt auf, nämlich die Ver¬
zweigung der arteria centralis retinae. Diese liegt bekanntlich in
der an den Glaskörper grenzenden Schicht der Netzhaut. Wenn also
ihre Schatten wahrnehmbar sind, so ist dies ein direkter thatsäch-
licher Beweis dafür, dass die durch Licht reizbaren Elemente der
Netzhaut in einer der äusseren Schichten dieser Membran zu suchen
sind, auf welche eben die Gefässe Schatten werfen können. Lägen
die reizbaren Elemente der Netzhaut in derselben Schicht wie die
Gefässe, so müssten diesen ebenso viele niemals mit Empfindungs¬
inhalt erfüllbare Lücken im Gesichtsfelde entsprechen, da sie einer
entsprechenden Anzahl reizbarer Elemente den Platz wegnähmen und
nicht bloss einen Theil des ihnen sonst zukommenden Reizquantums,
wie es die Wahrnehmung eines Schattens erfordert.
Die Gefässschatten tauchen nun im entoptischen Gesichtsfelde
dann auf, wenn man den leuchtenden Punkt in der vorderen Brenn¬
ebene ein wenig schnell hin- und herbewegt. Bewegt man den Punkt
auf und ab, so erscheinen nur Gefässzweige, die nahezu wagrecht
verlaufen. Bewegt man ihn von rechts nach links, so erscheinen nur
fast senkrechte Zweige. Die Stelle des direkten Sehens ist stets frei
von Gefässschatten, wie es ihre Gefässlosigkeit erwarten lässt.
Die Gefässschatten sind bei dieser Beobachtungsart sehr zart
gezeichnet und wie gesagt nur bruchstückweise zu erkennen. Es
ist daher von Interesse, noch zwei andere Methoden kennen zu
lernen, nach denen man ein weit vollständigeres Bild von der Ge-
fässverzweigung im eigenen Auge bekommt. Die erste dieser Me¬
thoden besteht darin, dass man mittels einer kleinen Sammellinse
ein möglichst kleines Sonnenbildchen auf einem Punkte der Skiero¬
tika entwirft, welcher möglichst weit vom Hornhautrande abliegt,
während man nach einem gleichmässig dunklen Hintergründe blickt.
Dieser überzieht sich dann scheinbar mit einem bronzefarbenen Schleier
in welchem deutlich der ganze Gefässbaum der vasa centralia retinae
dunkel gezeichnet ist, die Stelle des deutlichsten Sehens erscheint
auch hier natürlich gefässlos und hat ein Ansehen, welches Helm¬
holtz mit chagrinirtem Leder vergleicht, auch zeigt sie einen stär