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Es verhalten sich die chemischen Faktoren in den anorgani¬
schen Verbindaugen zu dem chemischen Produkt, wie zwei
gleichwertig auf einen Effekt hinzielende Ursachen; der
Effekt ist die mittlere Resultante, die weder dem einen, noch
dem andern Faktor entspricht, sondern etwas Neues, von
beiden wesentlich Verschiedenes, darstellt. Die Vernichtung
der wesentlichsten Eigenschaften der chemischen Faktoren
in dem chemischen Produkt, und das Aufhören der wesent¬
lichsten Qualitäten des letzteren nach erfolgter Zerlegung in
die Faktoren scheint hiernach eine noth wendige Forderung
bei dem Zustandekommen anorganischer chemischer Verbin¬
dungen und Trennungen. Dieses ist, wie mir scheint, ein
hauptsächlicher Unterschied, der in der dualistischen Theo¬
rie anorganischer Verbindungen gegenüber den in der orga¬
nischen Chemie gebräuchlichen Theorie der Typen mit der
Substitution enthalten ist.
Unser Krystall nun verbindet sich mit verschiedenen
Stoffen, er trennt sich von ihnen; aber die Veränderungen
beziehen sich, von dem Volumen abgesehen, hauptsächlich
auf die Färbungen, und auch diese sind nur bei Jod, Sal¬
petersäure in Anschlag zu bringen. Dagegen sehen wir den
Krystall bei den verschiedensten Verbindungen und Tren¬
nungen eine mit dem Wesen der Materie und seiner che¬
mischen Konstitution so innig verbundene Eigenschaft, die
Krystallform, konstant wohl erhalten, so zwar, dass die
homogene, pellucide Beschaffenheit, die Schärfe der Kan¬
ten, die Grösse der Winkel vollkommen unverändert bleibt.
Diese Erscheinung ist bei anorganischen Verbindungen un¬
erhört; sie widerspricht gänzlich der Ansicht, dass die che¬
mischen Prozesse, welche wir von dem Krystall kennen
gelernt haben, dualistischer Natur seien. Es giebt zwar
Beispiele genug, aus denen hervorgeht, dass bei chemischen
Verbindungen eines anorganischen festen und flüssigen Kör¬
pers das Produkt unauflöslich ist und fest bleibt, und
wenn in einem solchen Falle der eine chemische Faktor