434 Aubert. Innervation der Blutgefässe. 1. Cap. Die Innervation der Arterien.
diese Wirkung hervorbringen, indess liegt gar kein Grund zu dieser Aus¬
legung vor, da ja die motorischen Nerven eine an ihrer Peripherie oder
in ihrem Verlaufe stattfindende Erregung centripetal fortpflanzen können.
Die von Asp beobachtete Thatsache ist aber die, dass die zu den Mus¬
keln gehenden Aeste des Ischiadicus bei Reizung ihres centralen Stumpfes
eine erhebliche Blutdrucksteigerung bei Kaninchen in den meisten Fällen
hervorrufen.
Dass Reizung des centralen Splanchnicusstumpfes eine be¬
deutende Steigerung des arteriellen Blutdruckes hervorruft, wurde zuerst
von Asp unter Ludwig’s Leitung beobachtet an Hunden, nachdem ein von
Bernstein1, von Cyon und Ludwig'2 angestellter Versuch am Kaninchen
keine Veränderung des Blutdruckes bewirkt hatte. Asp fand eine be¬
deutendere Drucksteigerung bei Reizung des centralen, als bei Reizung
des peripheren Splanchnicusstumpfes, eine Steigerung des Druckes manch¬
mal um das Doppelte, und zwar auch dann, wenn beide Splanchnici durch¬
schnitten waren : es muss also nach Ausschaltung des grossen Darmge-
fässgebietes noch ein grosses Gefässgebiet übrig bleiben, auf welches der
Splanchnicus reflectorisch wirkt. Da der Splanchnicus bei Hunden sehr
empfindlich ist, so stellt Asp die reflectorische Wirkung in Parallele mit
der der sensiblen Nerven; die Hunde waren bei diesen Versuchen curaresirt.
Auf dem Wege durch den Splanchnicus werden vielleicht auch die
Reize geleitet, welche auf den Magen applicirt werden. Hermann und
Ganz3 sahen bei Injectionen von eiskaltem Wasser in den Magen curare-
sirter Hunde bedeutende Steigerung des arteriellen Druckes eintreten;
diese Versuche wurden in einer Untersuchung von S. Mayer und Pribram4
nicht bestätigt, indess fanden diese eine Blutdruckssteigerung nach Rei¬
zungen des Magens, namentlich seiner Muscularis. Es ist bis jetzt aller¬
dings nicht entschieden, ob diese Erregungen durch den Splanchnicus oder
durch den Vagus geleitet werden: für die letztere Annahme würde die gleich¬
zeitig mit der Blutdruckssteigerung eintretende Pulsverlangsamung sprechen.
Es mag hier auch noch ein Versuch von Brown-Séquard5 erwähnt
werden, welcher bei Reizung der Nebennieren oder des sie umgebenden
Nervenplexus eine starke Verengerung der Gefässe in der Pia mater des
Rückenmarks beobachtete, woraus Brown-Séquard weitere Schlüsse auf
Reflexparalysen zog.
4. Gefässrejlexe vom Gehirn und Rückenmark aus.
Ausser den Erfahrungen des alltäglichen Lebens, dass psychische
Erregungen, deren Vorgang wir in das Grosshirn verlegen, Röthe
oder Blässe hervorrufen, deren Ursache Erweiterung beziehungsweise
Verengerung der Blutgefässe ist, lässt sich bei Thieren eine Einwir¬
kung von psychischer Erregung, namentlich Schreck und Angst, auf
1 J. Bernstein, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1864. S. 614.
2 Cyon & Ludwig. Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1866. S. 327.
3 L. Hermann & Ganz, Arch. f. d. ges. Physiol. III. S. 8. 1870.
4 S. Mayer & Pribram, Sitzgsber. cl. Wiener Acad. LXVI. S. 102. 1872.
5 Brown-Séqüard beiVuLPiAN, Leçons sur l’appareil vasomoteur. I. p. 239.1875.