Die rhythmischen Bewegungen des Herzens.
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II. Die rhythmischen Bewegungen des Herzens.
Das Herz zeigt einen fortwährenden Wechsel von Contraction
(Systole) und Erschlaffung (Diastole). Die Contraction beginnt,
wie schon Harvey 1 beobachtete, an den Venen, schreitet zu den Vor¬
höfen und dann zu den Kammern fort. Die Contraction ist immer
eine maximale, indem, soweit man es beobachten kann, der Vor¬
hof bezw. die Kammer bei ihrer Systole alles in ihr enthaltene Blut
heraustreibt, also blutleer wird; die Verkürzung der Muskeln ist,
unabhängig von der Menge des Vorhof- oder Kammerinhaltes, immer
so stark, dass die Höhle derselben leer wird, womit das Maximum
erreicht ist — sie betrifft ferner die sämmtlichen Muskeln eines Herz¬
abschnittes und ist also auch total; endlich findet die Contraction
aller Fasern des Ventrikels gleichzeitig statt, oder innerhalb einer
so minimalen Zeit, dass diese Zeit unmessbar klein für die jetzigen
Hülfsmittel ist. Auch die Dauer einer Systole an einem Abschnitte
oder einer einzelnen Stelle des Herzens ist sehr kurz — es ist daher
wahrscheinlich, dass die Systole als eine einfache Zuckung, nicht
als eine aus Zuckungen zusammengesetzte Contraction aufzufassen ist.
Dagegen vergeht von der Contraction der Vorhöfe bis zur Contrac¬
tion der Kammern eine messbare Zeit.
Der systolischen Zusammenziehung der Herzmuskeln folgt sofort
die diastolische Erschlaffung, welche nur wenig mehr Zeit
erfordert, als die Verkürzung. An sie schliesst sich ein mehr oder
weniger langes Verharren in Erschlaffung, die Herzpause, früher
Perisystole genannt1 2.
Dass bei dem blosgelegten oder ausgeschnittenen Herzen die
Systole an den in die Vorhöfe eintretenden Venen beginnt, dann die
Vorhöfe und zuletzt die Kammern sich contrahiren, ist in alter und
neuer Zeit beobachtet worden an den Herzen von Warmblütern und
Kaltblütern3. An absterbenden Herzen werden allerdings die Be¬
wegungen unregelmässig4. Beim Frosche folgt der Zusammenziehung
der Hohlvenen erst die der Venensinus, darauf die des Vorhofes,
dann die des Ventrikels, endlich die des Bulbus.
Die häufig erwähnte Annahme, dass die Systole eine maximale Con¬
traction sei, auf welche man geführt wurde durch das völlige Erblassen
1 Harvey, Exercitationes anatomicae de motu cordis et sanguinis circulatione
p. 3S. Rotterdam 1660.
2 Riolani, Eneheiridium anatomicum 1649. p. 219.
3 Vgl. z. B. Haller, Elementa physiologiae I. p. 399. 1757 und Donders, Phy¬
siologie des Menschen 1856. S. 25.
4 Volkmann. Die Haemodynamik S. 387. 1850.