Die Extremitäten.
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Temperaturabnahme hervor, einige Tage später nur Erweiterung uncl
Temperaturerhöhung. Es müssen also im Ischiadicus sowohl gefäss-
erweiternde als gefässverengernde Nervenfasern enthalten sein; zur
Erklärung der wiederabnehmenden Gefässerweiterung bei durchschnit¬
tenem Ischiadicus und der unter verschiedenen Umständen auftreten¬
den Veränderungen der Gefässe nach Durchschneidung des Ischia¬
dicus werden regul a to rische End a p par ate angenommen (und
als solche Ganglien der Gefässwandungen postulirt oder auch statuirt).
Einen massgebenden Einfluss auf den Erfolg der Reizung des Ischia¬
dicus für die Gefässerweiterung und die Temperaturveränderung hat
die durch die Umgebung bedingte zeitweilige Temperatur der Extre¬
mität. — Auch der N. cruralis enthält vasomotorische Nerven.
Die Durchsehneidung der Achselnerven ist zuerst von Schiff 1 ah
Hunden, Fledermäusen und Vögeln ausgeführt worden und von ihm bei
Hunden stärkere Injection der Interdigitalmembran und Erhöhung der
Temperatur des Vorderarmes und der Pfote, bei Fledermäusen stärkere
Injection der Gefässe der Flughaut und Aufhören des Venenpulses be¬
obachtet worden; bei Vögeln dagegen fand Schiff Abnahme der Tem¬
peratur an dem gelähmten Flügel und erklärt diese Erscheinung aus dem
durch die Lähmung bedingten Herabhängen des Flügels, während der
nicht gelähmte Flügel an die Brust gedrückt und vor Wärmeverlust ge¬
schützt wird. Die Versuche Schiff’s sind später von Bernard1 2 bestätigt
worden — beide Beobachter differiren nur in Bezug auf die Frage nach
dem Ursprünge der Gefässnerven für die vorderen Extremitäten, worauf
wir unten näher eingehen werden.
Eine Lähmung der im N. ulnaris verlaufenden Gefässnerven erzeugte
Waller3 beim Menschen durch Eintauchen des Ellenbogens in eine Eis¬
mischung: der vierte und fünfte Finger wurden stark geröthet, zeigten
deutliche Pulsation und eine Temperaturerhöhung um mehrere Grade.
Ueber die Gefässnerven der hinteren Extremitäten sind eine grosse
Menge von Untersuchungen angestellt worden. Dass eine Erwärmung
des Hinterbeines nach Durchschneidung des N. ischiadicus eintrete, ist
zuerst von H. Nasse4 beobachtet, indess sah er nur bei Kaninchen am
unteren Theile des Schenkels Wärmezunahme, am Oberschenkel dagegen
Wärmeabnahme — beim Hunde aber nach Zerstörung des Lendenmarkes
Zunahme der Wärme in den Hinterbeinen eintreten. Bernard5 beob¬
achtete später gleichfalls Zunahme der Wärme nach Durchschneidung
des Ischiadicus und Schiff wies nach, dass der Durchschneidung des
Ischiadicus so hoch oben wie möglich sogleich eine Erhöhung der Wärme
des Unterschenkels, des Fusses und der Zehen folgt und zugleich eine
stärkere Gefässinjection der betreffenden Theile eintritt; er hat diesen
1 M. Schiff, Unters, z. Physiol, d. Nervensystems. S. 177. 1855.
2 Cl. Bernard, Compt. rend. II. p. 305. 1862.
3 NachVuLPiAN, Leçons sur l’appareil vasomoteur. I.p. 247; Proceed, of the
Royal Society of London. XI. (2) 1862.
4 F. & H. Nasse, Unters, z. Physiol, u. Pathol. II. (1) S. 115. 1839.
5 Cl. Bernard, Compt. rend. d. 1. soc. biologie. 4. sér. I. p. 187. 1854.
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