406 Aubert, Innervation der Blutgefässe 1. Cap. Die Innervation der Arterien.
pian fand aber auch, dass nach erfolgter Degeneration der Chordafasern
Reizung des Lingualis keine Gefässerweiterung bewirkte, und ausserdem
glückte es ihm auch einige Male, gleich bei ihrem Austritt aus dem Schä¬
del die Chorda zu reizen, also vor ihrer Anastomose mit dem Trigeminus,
und Erweiterung der Zungengefässe zu beobachten. — Aus Vulpian’s
Versuchen folgt aber weiter, dass im Lingualis sowohl gefässver¬
engende Fasern, als auch ge fässerweiternde Fasern vorhanden
sind. Nach der Beobachtung von Lêpine1 sind beim Frosche die gefäss-
erweiternden Fasern für die Zunge im N. hypoglossus enthalten, mit
dessen Tetanisirung stärkere Röthung der entsprechenden Zungenhälfte
eintrat. Wir fanden ein solches Verhalten auch noch bei anderen Nerven
und kommen später (S. 413) auf die Erklärungsversuche dieser Beobach¬
tungen.
Die vasomotorischen Nerven der Submaxillardrüse stehen
vielleicht nur ganz äusserlich in Beziehung zu dem Lingualaste des
Trigeminus, da die zu ihr verlaufenden Gefässnerven wesentlich von
der Chorda tympani und aus dem Ganglion cervicale supremum
stammen. — Durchschneidung des die Chordafasern enthaltenden Lin¬
gualästchens bringt ein Erblassen der Drüse und Verminderung des
Blutdruckes in der Drüsenvene hervor — Reizung des Tympanico-
lingualis dagegen bewirkt ein Hellrothwerden der Drüse, einen stär¬
keren Blutausfluss aus der Drüsenvene, welcher zu einem förmlichen
rhythmischen Spritzen sich steigern kann, verbunden mit einem Hell¬
rothwerden des aus der Vene ausfliessenden, ohne Reizung ganz dun¬
keln Blutes. Der von dem Lingualis zur Submaxillardrüse gehende
Nervenast, der Tympanico-lingualis enthält also gefässer-
w eitern de Fasern. Er geht bevor er in die Drüse eintritt und
in der Drüse selbst wahrscheinlich Verbindungen mit Ganglien ein.
Die gefässerweiternde Wirkung des Submaxillardrüsenastes
vom Lingualisnerven ist von Bernard'2 entdeckt worden: er beobachtete
zuerst ein Hellerwerden des aus der Submaxillardrüsenvene ausfliessenden
Blutes, wenn durch Reizung der Mundschleimhaut die Secretion der Drüse
angeregt wurde, und noch stärker wurde das Ausfliessen hellrothen Blutes,
wenn nach Freilegung der Drüse der Lingualast, welcher zur Drüse geht,
galvanisch gereizt wurde, so dass es aus der Vene ausfloss mit einem jet
saccadé comme s’il s’agissait d’une veritable artère. Er schloss daraus,
dass der Nerv eine Erweiterung der Drüsengefässe bewirke, in Folge
deren das Blut in die Vene gelange ohne an seinem von der Herzreaction
herrührenden Impulse zu verlieren — er bezeiclmete ihn als nerf di¬
latateur, im Gegensätze zu dem Sympathicusaste der Drüse, welcher
gefässverengend als nerf constricteur wirke. Bernard fand auch, dass
1 Lépine, Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1870. S. 322.
2 Cl. Bernard. Compt. rend. 1858. p. 159; II. p. 393. 1858. Abgedruckt im
Journ. de physiol. I. p. 233. 649. Der zweite Aufsatz ist übersetzt im Arch. f. Anat.
u. Physiol. 1859. S. 90.