Erregung durch das Blut.
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sei, wird durch Traube’s Versuche dahin beantwortet, dass die im Blute
gelöste Kohlensäure auf das Herznervencentrum wirke, denn bei Gasgemen¬
gen, welche mehr Sauerstoff als die atmosphärische Luft, aber ausserdem
erhebliche Mengen (20 bis 7 5%) Kohlensäure enthalten, findet nur im
Anfänge eine Zunahme bald aber ein Sinken der Pulsfrequenz, lind nach
Wiederbeginn gleicher Einblasungen von atmosphärischer Luft erst all¬
mählich eine Vermehrung der Pulsfrequenz statt. Durcbsclmeidung der
Vagi hat dann, wenn durch Kohlensäureathmung die Pulsfrequenz abge¬
nommen hat, denselben Erfolg, wie bei Athmungssuspension. — Gleiche
Resultate hat Landois1 in Bezug auf Pulsfrequenz und Vagusdurchschnei¬
dung nach Athmungssuspension bei Kaninchen erhalten.
Bezüglich des Einflusses des Blutdruckes auf die Pulsfrequenz hat
zuerst Bernstein'2 Versuche angestellt, aus denen hervorgeht, dass bei
unversehrten Vagi Druckerhöhung (durch Einspritzen von Blut in das
arterielle System) die Pulsfrequenz vermindert, Druckverminderung (durch
Blutentziehung) dagegen die Pulsfrequenz vermehrt — dass aber nach
Durchschneidung der Vagi Erhöhung des Blutdruckes durch Blutinjection
keine Vermehrung der Pulsfrequenz zur Folge hat. Bernstein zieht aus
diesen an Hunden und an Kaninchen angestellten Versuchen den Schluss,
dass während des Lebens der Blutdruck einen Reiz setzt, welcher die
Vagi stetig erregt, und dass durch diese Einrichtung der Blutdruck sich
selbst regulirt. Ob die Vagi selbst oder das Centrum derselben erregt
wird, lässt Bernstein unbestimmt. Die Pulsbeschleunigung bei vermin¬
dertem, die Pulsverlangsamung bei erhöhtem Blutdrucke, wenn die Vagi
intact sind, ist von Knoll3 4 und in ausgedehnten Versuchsreihen an Ka¬
ninchen, Katzen und Hunden von Nawrocki 4 bestätigt worden, ebenso
das Ausbleiben einer irgend erheblichen oder constanten Frequenzverän¬
derung bei Druckzunahme oder Druckabnahme, wenn die Halsnerven und
das Halsmark durchschnitten sind. Bei intactem Rückenmarke und durch¬
schnittenen Vagi hatte v. Bezold5 6 eine der Blutdruckverminderung pa¬
rallele Zunahme der Pulsfrequenz gefunden, und Knoll eine Verlang¬
samung des Herzschlages bei Blutdruckssteigerung — Nawrocki dagegen
fand die Angabe Bernstein’s auf Grund sehr zahlreicher und mehrfach
variirter Versuche bestätigt, dass bei intactem Halsmarke und durch¬
schnittenen Vagi, Sympathici und Depressores der Blutdruck an und für
sich keinen Einfluss auf die Pulszahl ausübt. — Indess ist Tschirjew'*
zu dem entgegengesetzten Resultate gekommen, dass nämlich bedeutende
und rasche Blutdrucksschwankungen auf den Rhythmus der Herzcontrac-
tionen sowohl nach Durchschneidung nur der Halsnerven, als auch nach
Durchschneidung sämmtlicher extracardialer Nervenbahnen wirken, und
zwar Drucksteigerung die Pulszahl vermindert, Sinken des Druckes die
Frequenz vermehrt, wenigstens in den meisten Fällen.
1 Landois, Allg. med. Centralztg. 1863. No. 89.
2 Bernstein, Centralbl. f. d. med. Wiss. 1867. S. 1.
3 Knoll, Sitzgsber. d. Wiener Aead. LXVI. (3) S. 195. 1872.
4 Nawrocki, Beitr. z. Anat. u. Physiol, als Festgabe für C. Ludwig. 1874. S. 205.
(S. daselbst auch die einzelnen Arbeiten von Nawrocki.)
5 von Bezold, Unters, aus d. Würzburger physiol. Labor. 1867. S. 215.
6 Tschirjew, Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1877. S. 116.