Volltext: Erster Theil: Innervation der Kreislaufsorgane (4)

396 Aubert, Innervation des Herzens. 2. Cap. Die extracardialen Nerven. 
keinerven auf das Herz haben Asp und Ludwig beobachtet: wenn 
reine Muskelnerven des Plexus ischiadicus gereizt wurden, so trat in 
den meisten Fällen Vermehrung der Pulszahl ein und zwar unab¬ 
hängig von dem Steigen oder Sinken des Blutdruckes, auch dann 
noch, wenn in Folge der Vagidurchschneidung die Frequenz schon 
sehr hoch war. Die Beschleunigung blieb aber aus, nachdem das 
oberste Brust- und unterste Halsganglion ausgerottet worden waren. 
V. Die Erregung des extracardialen Centrums durch die 
Dase und den Druck des Blutes. 
Wenn der Sauerstoffgehalt des Blutes abnimmt und die Kohlen¬ 
säuremenge des Blutes zunimmt, so wird dadurch eine Abnahme der 
Herzfrequenz bewirkt, welche nach Durchschneidung beider Vagi auf¬ 
hört und durch eine sehr grosse Herzfrequenz ersetzt wird. Bei Sus¬ 
pension der Athmung nimmt daher die Pulsfrequenz ab. — Bei Er¬ 
höhung des Blutdruckes nimmt gleichfalls die Herzfrequenz ab, so 
lange die Vagi unversehrt sind, werden sie bei hohem Blutdrucke 
durchschnitten, so nimmt die Frequenz zu. Bei durchschnittenen Vagi 
ist die Wirkung der Blutdruckserhöhung auf die Pulsfrequenz nicht 
constant. 
Der Einfluss der Athmung auf die Pulsfrequenz ist besonders von 
L. Traube 1 untersucht worden in Bezug auf die Funktion des Vagus 
und des Herzcentrums in der Medulla oblongata, indem er bei curare- 
sirten Hunden die Pulsfrequenz am Kymographion verzeichnen liess und 
die künstliche Respiration zur Variation des Lungengaswechsels benutzte. 
Er fand bei unversehrten Vagi eine Verminderung der Pulsfrequenz in 
um so höherem Grade, je länger die Athmung suspendirt wurde und 
zwar im Anfänge der Suspension ein langsames, nach etwa 1 bh Minuten 
ein schnelles Sinken der Frequenz, so dass nach 3 Minuten langer Sus¬ 
pension der Athmung die Frequenz um 4/s vermindert gefunden wurde. 
Nach Wiederbeginn der Athmung bleibt die Frequenz noch einige Zeit 
vermindert; wird die Zahl der Respirationen sehr vermehrt, z. B. von 15 
in der Minute auf 30 bis 60, so nimmt die Pulsfrequenz sehr bedeutend 
zu. Wenn nun bei einer in Folge von Athmungssuspension vermin¬ 
derten Pulsfrequenz die Vagi durchschnitten werden, so steigt die Puls¬ 
frequenz rasch und bedeutend. Bei durchschnittenen Vagi beobachtete 
Traube dagegen bei erheblichen Variationen der Athmung keine Ver¬ 
änderung der Pulsfrequenz, ausser kurz vor dem Zeitpunkte, wo der 
Druck sein Minimum erreicht — dann nimmt stets auch die Pulsfrequenz 
ab. — Die Frage, ob der Sauerstoffmangel im Blute oder die ver¬ 
mehrte Kohlensäure für die Verminderung der Pulsfrequenz bestimmend 
1 Traube, Allgem. med. Centralztg. 1862. No. 25; 1863. No. 97. — Abgedruckt 
in Traube’s Ges. Beitr. z. Patbol. u. Physiol. I. S. 310—358. 1871.
	        
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