Vagusreizung.
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Schiff1 bestätigte Waller’s Versuch und fügte die Beobachtung hinzu,
dass nach Zerstörung der Accessoriusfasern die Durchschneidung des Vagus
Vermehrung der Herzfrequenz bewirke. Heidexhain (und Daszkiewcz)2
bestätigte gleichfalls Waller’s Versuch, fand aber dass nach vorgängiger
Zerstörung der Accessoriusfasern die Durchschneidung des Vagus keine
Vermehrung sondern eine geringe Herabsetzung der Pulsfrequenz zur
Folge hat. Heidenhain fand ferner im Gegensätze zu einer Angabe von
Bernard 3 4, dass Ausrottung des Accessorius eine Vermehrung der Puls¬
frequenz herbeifiihrt : es ist darnach der Accessorius, welcher
dem N. vagus die Hemmungsfasern zuführt. — Gianuzzi 4 hat
indess gefunden, dass bei Kaninchen 4 bis 14 Tage nach Ausreissung
des Accessorius und Degeneration seiner Fasern Reizung des Vagus Ver¬
langsamung der Herzbewegungen zur Folge hat.
Für die Vorstellung, welche wir uns von der Wirkung des Vagus
(cum Accessorio) auf das Herz machen, kommt nun weiter in Betracht
das Verhältnis des Vagus zu den Herzganglien und zu der Musku¬
latur des Herzens. Wenn der anatomische Befund, dass beim Frosch
die Vagusfasern sämmtlich zu den intracardialen Herzganglien gehen
(s. oben S. 348), unzweifelhaft wäre, so würden, wie sich schon Weber’s
vorstellten, die Erregungen der Vagi ihren Angriffspunkt lediglich in
den Herzganglien finden. Mit dieser Vorstellung lassen sich aber Ver¬
suche von Eckhard5 6 nicht in Einklang bringen, in welchen nach
Durchschneidung der beiden auf der Vorhofsscheidewand des Frosch¬
herzens verlaufenden Nervenbahnen die Reizung eines oder beider
Vagi vor ihrem Eintritt in das Herz Frequenzabnahme und diasto¬
lischen Stillstand hervorbringt, so als wenn die Durchschneidung
vorher nicht ausgeführt ist, und zweitens nach Exstirpation der Atrio-
ventricularganglien der nach einigen Minuten wieder pulsirende Ven-
trikel sich nach Reizung der Vagi ausserhalb des Herzens zu diasto¬
lischer Ruhe begiebt. Es muss also auch Bahnen ausserhalb der
Ganglien geben, auf welchen die Erregung des Vagus fortgeleitet
wird. — Wenn ferner der Vagus lediglich zu den Ganglien geht, so
ist zu erwarten, dass er nur die Frequenz der Herzpulsationen, nicht
den Umfang der Zuckung beeinflussen wird: die Unteruckungen von
Coats3 ergeben aber, dass Reizung der Vagi am Froschherzen auch
1 Schiff, Lehrb. d. Physiol, d. Menschen. S. 420. 1859; Compt. rend. LVIII.
p. 619. 1864.
2 R. Heidenhain (u. Daszkiewicz) , Studien d. physiol. Inst, zu Breslau. III.
S. 109. 1864.
3 Cl. Bernard, Leçons sur la physiol, et la pathol. du système nerveux, p. 307.
1858.
4 Gianuzzi, Rivista scientifica d. R. Accadem. de Fisiocristici. p. 26—33. Siena
1872.
5 C. Eckhard-, Beitr. z. Anat. u. Physiol. VII. S. 191. 1873.
6 Coats (u. Ludwig), Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1869. S. 360.