Volltext: Erster Theil: Innervation der Kreislaufsorgane (4)

386 Aubert, Innervation des Herzens. 2. Cap. Die extracardialen Nerven. 
wirksam. Einen derartigen Unterschied zwischen den beiden Vagi glaubten 
auch Masoin1 und gleichzeitig Arloing und Tripier2 bei Kaninchen, Hun¬ 
den und Tauben nachweisen zu können, dass nämlich der rechte Vagus 
bei gleicher Reizstärke und Reizdauer stärker auf das Herz wirke, als 
der linke Vagus. Allein die Wiederholung dieser Versuche durch 0. Lan- 
gendorff3 bestätigte die Angaben jener Autoren nicht: von 16 Kaninchen 
waren bei 3 beide Vagi gleich wirksam, 3 mal liberwog der rechte, 8 mal 
der linke, in zwei Versuchen war die Präponderanz alternirend, d. h. 
bald der rechte, bald der linke wirksamer. Langendorff macht darauf 
aufmerksam, dass ein und derselbe Vagus auf gleiche Reize keineswegs 
immer gleich stark reagirt, was sich sehr wohl daraus erklären lässt, 
dass ein durch Reizung des einen Vagus hervorgebrachter Herzstillstand 
weitere Folgen auf Blut, Nerven, Centralorgane haben muss, welche die 
Wirkung des anderen Vagus beeinflussen. Ein verschiedenes Verhalten 
beider Vagi scheint daher nur für Emys lutaria angenommen werden zu 
können. 
Eine Abhängigkeit der Vagi von einander der Art, dass 
nach Erschöpfung des einen Vagus das wieder pulsirende Herz durch 
Reizung des anderen Vagus nicht mehr zum Stillstand gebracht werden 
könne, wie Tarchanoff & Puelma4 angeben, ist im Widerspruch sowohl 
mit den Versuchen von A. B. Meter an Schlangen und Säugethieren, 
als auch mit neuerlichst von Eckhard5 6 angestellten Controlversuchen am 
Frosche. Tarchanoff 6 hat in einer späteren Arbeit die früher ausge¬ 
sprochenen Annahmen selbst dahin modificirt, dass das bei Erschöpfung 
des einen Vagus wieder pulsirende Herz durch Reizung des anderen zum 
Stillstand gebracht werde. 
Da V a g u s und Accessorius vereinigt vom F oramen jugulare 
oben am Halse verlaufen, so werden bei der gewöhnlichen Anstel¬ 
lung des Versuches immer beide Nerven gereizt. Um zu untersuchen, 
welchem der beiden Nerven die zum Herzen gehenden Fasern ange¬ 
hören, brachte zuerst Waller7 die mit dem Vagus am Halse ver¬ 
laufenden Accessoriusfasern zur Degeneration dadurch, dass er die 
Accessoriuswurzel im Foramen jugulare ausriss — die Thiere (nament¬ 
lich Kaninchen) überleben die Operation und nach 10 — 12 Tagen fand 
er, dass Reizung desjenigen Vagus, dessen zugehöriger Accessorius 
ausgerissen worden war, keine Verlangsamung der Herzpulsationen 
bewirkte, während Reizung des Vagus der anderen Seite mit unver¬ 
sehrtem Accessorius Stillstand des Herzens hervorbrachte. 
1 Masoin, Bullet, de l’Acad. de Belgicpie. VI. No. 4. 1872. 
2 Arloing & Tripier, Arch, de physiol, norm, et pathol. IV. p. 411. 588. 732. 
V. p. 157. 1872. 
3 0. Langendorff, Mittheil, aus d. Königsberger physiol. Labor. 1878. S. 68. 
4 Tarchanoff & Puelma, Arch, de physiol, norm, et pathol. VII. p. 757. 1875. 
5 C. Eckhard, Beitr. z. Anat. u. Physiol. VIII. S. 177. 1878. 
6 Tarchanoff, Trav. du Labor, de Marey. 1876. p. 289. 
7 Waller, Gaz. méd. de Paris. 1856. No. 27.
	        
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