Volltext: Erster Theil: Innervation der Kreislaufsorgane (4)

Vagusreizung. 
383 
dem Verhalten der Muskelnerven als „Hemmungswirkung“ bezeichnet. 
Nachdem Budge sich mehr für die Vorstellung ausgesprochen hatte, dass 
durch den starken Reiz auf den Vagus eine momentane Erschöpfung ein¬ 
trete, suchte Schiff1 11 nachzuweisen, dass sehr schwache Wechselströme 
eine Zunahme der Frequenz bewirken, und hielt später2 die Ansicht fest, 
dass der Vagus nicht Hemmungsnerv für die Herzbewegungen wäre, son¬ 
dern nur rascher erschöpft würde, als die übrigen motorischen Nerven. 
Gegen diese Annahme trat Pflüger3 auf — Schiff4 replicirte dagegen, 
und bald nachher suchte auch Moleschott5 durch eine grosse Reihe von 
Versuchen den Nachweis zu führen, dass schwache Reizungen des Vagus 
sowohl bei Fröschen, als bei Kaninchen die Herzfrequenz vermehren, und 
zwar sowohl schwache electrische Ströme, als auch mechanische, chemische 
und thermische Reizungen. Die Fortsetzung dieser Arbeit mit Hufschmid6 
ergab gleiche Resultate bei Anwendung von unpolarisirbaren Electroden : 
gegen die Angriffe von von Bezold7, Rosenthal8, Brown-Séquard9 und 
Küthe10 vertheidigte Moleschott 11 die Schlussfertigkeit seiner Versuche. 
Indess erhielten in weiteren Untersuchungen von Bezold12, Forsblom13, 
Pflüger14, Eckhard15 u. A. keine Vergrösserung der Herzfrequenz bei 
Reizung der Vagi mit schwachen Strömen und Pflüger erklärte, dass 
der normale Vagus des normalen Thieres durch keinerlei Stromstärke, 
wie stark oder wie schwach sie auch sei, so gereizt werden könne, dass 
die Frequenz des Herzschlages zunimmt. Der Satz, dass beim normalen 
Thiere durch Vagusreizung immer nur Verlangsamung, niemals Zunahme 
der Herzfrequenz bewirkt wird, gilt aber erstens nicht für vergiftete 
Thiere. Bei mit Atropin vergifteten Thier en bringt, wie Schiff 16 
zuerst beobachtet und dann auch Rutherford17, Keuchel18 und Schmiede¬ 
berg19 gefunden haben, Reizung des Vagus Vermehrung der Herzfrequenz 
hervor; dasselbe ist der Fall bei mit Nicotin vergifteten Thieren, wie 
Truiiart20 und Schmiedeberg entdeckt haben. Dass aber auch in einem 
1 Schiff, Arch. f. physiol. Heilk. VIII. S. 211. 1849. 
2 Derselbe, Lehrb. d. Physiol, d. Menschen. S. 187. 1858. — Man vergleiche 
auch Schiff, Arch. f. d. ges. Physiol. XVIII. S. 172. 1878. 
3 Pflüger, Ebenda. 1859. S. 13. 
4 Schiff, Molesch. Unters. VI. S. 201. 1859. 
5 Moleschott, Ebenda. VII. S. 401. 1861. 
6 Hufschmid & Moleschott, Molesch. Unters. VIII. S. 52. 572. 1861. 
7 von Bezold, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1862. S. 143. 
8 Rosenthal, Die Athembewegungen und ihre Beziehungen z. N. vagus. 1862. 
S. 260. 
9 Brown-Séquard, Journ de physiol. V. p. 124. 1862. 
10 Küthe , Over den invloed van den N. vagus op de hartsbeweging. Amsterdam 
1862. 
11 Moleschott, Unters. VIII. S. 601. 
12 von Bezold, Unters, üb. d. Innervation d. Herzens. 1863. 
13 Forsblom, Nervus vagus tarnen nervus inhibens. Diss. Jena 1863. 
14 Pflüger, Unters, aus d. physiol. Labor, zu Bonn. 1865. S. 1. 
15 Eckhard, Experimentalphysiologie des Nervensystems. S. 193. 1866. 
16 Schiff, Molesch. Unters. 1865. S. 58; 1873. S. 189. 
17 Rutherford, Journ. of anat. a. physiol. III. p. 408. 1869. 
18 Keuchel, Das Atropin und die Hemmungsnerven. Diss. Dorpat 1868. 
19 Schmiedeberg, Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1870. S. 130. 
20 Truhart (& Schmiedeberg), Ein Beitrag zur Nicotinwirkung. Diss. Dorpat 
1869.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.