364 Aubert, Innervation des Herzens. 1. Cap. Die intracardialen Nervencentra.
des Herzens berührt, so erfolgt eine Systole sämmtlicher Abschnitte
des Herzens, dann tritt wieder die diastolische Ruhe ein, welche
eine Zeit lang anhält. Ein Einstich in der Mitte des oberen Ven¬
trikelrandes ruft eine Reihe von Pulsationen hervor, welchen die
diastolische Ruhe folgt. Wird an dem sinuslosen ruhenden Herzen
eine Ligatur in der Atrioventriculargrenze fest umgeschnürt, oder in
dieser Gegend durch einen Schnitt der Ventrikel von dem Atrium
abgetrennt, so beginnen entweder Atrium und Ventrikel, oder das
Atrium allein, oder der Ventrikel allein wieder rhythmisch zu pul-
siren; wenn Atrium und Ventrikel pulsiren, dann bewegen sie sich
mit verschiedener Frequenz. Der Erfolg dieser Eingriffe ist aber
mancherlei Variationen unterworfen, welche näher zu erörtern sind,
um die Frage zu beantworten, in wie weit die Reizung oder Aus¬
schaltung von Herzganglien die Erscheinung des Herzstillstandes be¬
dingt.
Volkmann 1 beobachtete zuerst, dass, nachdem er Vorhöfe und Kam¬
mer eines ausgeschnittenen, lebhaft pulsirenden Froschherzens durch einen
Schnitt von einander getrennt hatte, die Vorhöfe weiter pulsirten, die
Kammer aber nicht; auf eine leise Berührung der Kammer erfolgte eine
einmalige Contraction derselben. Diese Beobachtung wurde später von
Bidder- und Rosenberger bestätigt, aber erst die Versuche von Stan-
nius1 3 regten zu zahlreichen weiteren Untersuchungen an. Stannius
fand, dass, wenn genau diejenige Stelle, wo der Hohlvenensinus in den
rechten Vorhof mündet, unterbunden wird, das ganze Herz im Zustande
der Diastole anhaltend stille stehe. Dass der Stillstand indess kein an¬
dauernder sei, wurde demnächst von Volkmann und Heidenhain4 fest¬
gestellt, dass er vielmehr eine verschieden lange Zeit, l3/i—25 Min.
anhalte. Heidenhain glaubte ferner die Wirkung der Ligatur als eine
Reizung (des N. vagus) auffassen zu müssen, nicht als eine Trennung
des Zusammenhanges von Sinus und Vorhof. Obgleich Eckhard5 und
von Bezold6 zeigten, dass ein Schnitt an der Stelle, wo der Hohlvenen¬
sinus in den Vorhof übergeht, ebenso wirkt, wie die STANNius’sche Li¬
gatur, und Heidenhain7 selbst die Unhaltbarkeit seiner Annahme, erkannte,
obgleich Goltz8 zeigte, dass die Ligatur wesentlich trennend wirke, wie
ein Schnitt und etwaige Differenzen zwischen den Resultaten beim Schnitt
von denen bei der Ligatur nur auf Nebenumständen (dem verschiedenen
Blutgehalt des Herzens und der Einwirkung der atmosphärischen Luft)
1 Volkmann, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1844. S. 419.
2 Bidder, Ebenda. 1852. S. 163. (Cf. Rosenberger, De centris motuum cordis
disquisitiones anatomico-physiologicae. Dorpat 1850.)
3 Stannius, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1852. S. 85.
4 R. Heidenhain, Disquisitiones de nervis organisve centralibus cordis etc. Diss.
inaug. p. 52. Berolini 1854.
5 Eckhard, Beitr. z. Anat. u. Physiol. I. S. 147.1858.
6 von Bezold, Arch. f. pathol. Anat. XIV. S. 282. 1858.
7 R. Heidenhain, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1858. S. 479.
8 Goltz, Arch. f. pathol. Anat. XXL S. 191. 1861.