358 Aubert. Innervation des Herzens. 1. Cap. Die intracardialen Nervencentra.
der Reiz sein, welcher die Contraction der Herzmuskulatur auslöste
und indem die Contraction das Blut aus dem Herzen entfernte, der
Reiz aufhören und das Herz erschlaffen. Diese Vorstellung ist völlig
unhaltbar, da das ganze blutleere Herz seine rhythmischen Bewegun¬
gen fortsetzt, und ausserdem das mit gewissen Flüssigkeiten gefüllte
Herz dieselben bald austreibt, bald nicht. Das Blut und die andern
Flüssigkeiten, in welchen das Herz schlägt, können nicht die Ur¬
sache der rhythmischen Bewegungen sein, sondern nur die Bedin¬
gung für die Erhaltung der Contractilität und Reizbarkeit der Mus¬
keln und für die Erzeugung der inneren Herzreize, welche in gewisser
Beziehung zu den Nervenelementen im Herzen stehen. Es kann näm¬
lich ein Froschherz, oder ein Theil eines Froschherzens seine voll¬
ständige Bewegungsfähigkeit und Reizbarkeit haben, ohne dass eine
Bewegung ausgelöst wird: das Herz contrahirt sich also nur, wenn
ein äusserer Reiz, z. B. ein Inductionsschlag, dasselbe trifft, ohne
denselben verharrt es in diastolischer Ruhe. Eine Substanz, welche
der das Herz füllenden Flüssigkeit hinzugesetzt wird, z. B. Delphinin,
bewirkt aber die Wiederkehr der rhythmischen Pulsationen. In einem
anderen Falle kann ein Herz sich in seiner Fähigkeit zu Pulsationen
erschöpfen, indem die Contractionen immer schwächer werden und
endlich ganz aufhören: durch Zusatz einer Eiweisslösung tritt aber
wieder eine energische Pulsation des erschöpft gewesenen Herzens
ein. In beiden Fällen ist die eingeführte Substanz nicht die Ursache
der rhythmischen Thätigkeit, sondern nur eine Bedingung für das Her¬
vortreten einer im Herzen vorhandenen Mechanik, welche latent ge¬
worden war.
Das Blut, wie es im Körper circulirt, enthält offenbar sämmt-
liche Stoffe, welche für die Contractilität, Irritabilität und Rhythmi-
cität des ganzen Herzens erfordert werden. Eingriffe in die Mechanik
oder in den Mechanismus des Herzens können, ohne Veränderungen
in der Beschaffenheit des Blutes zu setzen, den Rhythmus latent werden
lassen — andrerseits können Substanzen, welche dem durch solche
Eingriffe in seiner Rhythmicität gestörten Herzen oder Herztheile zu¬
geführt werden, die Rhythmicität wieder hervorbringen — endlich kann
an einem der Rhythmicität trotz Eingriffen in den Zusammenhang seiner
Theile und Wegschaffung des Blutes nicht beraubten Herzen durch
Zuführung von Blut oder anderen Flüssigkeiten die Pulsation des Her¬
zens in allen Beziehungen längere Zeit erhalten bleiben, oder in der
einen oder anderen Beziehung verändert werden.
Die Einwirkung von Flüssigkeiten auf ein seiner rhythmischen Thätig¬
keit beraubtes, sowie auf ein rhythmisch fortpulsirendes Stück des Frosch-