Bedingungen für die Herzrhythmik.
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Dass das freikängende Herz in gewöhnlicher Luft 3—4 mal länger
pulsirt, als das auf einer Glasplatte liegende, hat schon Alexander von
Humboldt1 beobachtet — die Wirkung des Luftmangels wird auf das
frei hängende Herz eine umfassendere sein. Die grossen Differenzen,
welche Gaule2 im Verhalten der Herzen von in der Kälte gegen in der
Wärme aufbewahrte Frösche fand, dürften sich auch für das Verhalten im
luftverdünnten Raume geltend machen. — Brachte Castell das Herz in
luftfreies Wasser, so hörten die Pulsationen nach 20 Min. auf, begannen
aber nach Herausnahme aus demselben nach 15 Min. wieder und dauerten
über 2 Stunden. — Dagegen beobachtete Goltz3 noch längere Zeit Pul¬
sationen an Froschherzen, welche er unter Oel gebracht hatte; nur wenn
das Herz unter Oel durch besondere Eingriffe zum Stillstand in Diastole
gebracht worden war, blieb es pulslos bis zum Tode.
Dass der Sauerstoff der Luft es ist, welcher die Dauer der Herz¬
bewegungen verlängert, hat schon von Humboldt aus seinen Versuchen
geschlossen. Castell fand unter gleichen Versuchsbedingungen, dass ein
Froschherz in reinem Sauerstoffgase 12 Stunden mit erhöhter Lebhaftig¬
keit pulsirt, in Stickstoff nur 1 Stunde, in Wasserstoff 1 Stunde 25 Min.
In Kohlensäure stand aber das Herz nach 10 Min. still, in Stückoxydal-
gas nach 5—6 Min., in Kohlenoxydgas nach 40 Min., in Chlorgas nach
2 Min., und kam auch, wenn es nachher wieder in gewöhnliche Luft ge¬
bracht wurde, nach Einwirkung der drei letzten Gasarten nicht wieder
in Thätigkeit. — In exacter Weise hat Cyon4 die Abhängigkeit der Herz¬
bewegung von der Anwesenheit des Sauerstoffs am Froschherzen mittelst
des Froschmanometers nachgewiesen, indem er O-haltiges Serum einfüllte
und dasselbe mit Serum vertauschte, welches mit Kohlensäure gesättigt
war: nur bei Anwesenheit von Sauerstoff waren regelmässige Pulsatio¬
nen zu beobachten, während sie bei Einführung von mit Kohlensäure ge¬
sättigtem Serum aufhörten.
Es geht aus diesen Versuchen nicht hervor, ob der Scheintod
des Herzens, welcher bei Sauerstoffmangel und noch schneller durch
Kohlensäure eintritt, von ' den Nerven des Herzens oder von den Mus¬
keln desselben ausgeht, doch ist wahrscheinlich das letztere der Fall,
da die Pulsationen keineswegs plötzlich bei voller Intensität der Con-
tractionen auf hören, sondern die Zusammenziehungen allmählich bis
zur Unmerklickkeit schwächer werden.
2. Die Einwirkung von Flüssigkeiten.
Nach den Vorstellungen, welche sich Haller5 von der rhythmi¬
schen Bewegung des Herzens gebildet hatte, sollte das venöse Blut
1 A. von Humboldt , Versuche über die gereizte Muskel- und Nervenfaser II.
S.273.1797.
2 Gaule, Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1878. S. 291.
3 Goltz, Arch. f. pathol. Anat. XXIII. S. 493. 1862.
4 Cyon, Compt. rend. I. p. 1049. 1867.
5 Haller, Elementa physiologiae I. p. 493. 1757 ; causa, quae cor in motum
eiet, omnino sanguis venosus est.