354 Aubert, Innervation des Herzens. 1. Cap. Die intracardialen Nervencentra.
einführte; jeder der beiden Ballons communicirte mittelst einer Kautschuk -
röhre mit einem MAREv’schen registrirenden Fühlhebel, welcher die von
dem Vorhofe und von dem Ventrikel auf die in ihnen enthaltenen Ballons
ausgeübten Drucke der Intensität und der Zeit nach aufzeichnet. Beim
Froschherzen dürfte nach den Untersuchungen von Marchand 1 die Zeit
zwischen Vorhofs- und Ventrikelcontraction 0,38 — 0,6 Sek. betragen.
Marchand bestimmte an Froschherzen, welche aus Vorhof und Kammer
bestanden, am Sinus abgeschnitten waren, und daher keine spontanen
Bewegungen machen, die Zeit, welche vergeht von dem Momente der
Reizung des Ventrikels bis zur Contraction desselben und die Zeit zwi¬
schen der Reizung des Vorhofes bis zur Contraction des Ventrikels, also
die Dauer der Uebertragung des Erregungsvorganges vom Vorhof auf
den Ventrikel. Will man daraus auf die Zeit zwischen Vorhofscontrac-
tion und Ventrikelcontraction schliessen, so muss man die Hypothese zu
Hülfe nehmen, dass die Latenzdauer der Ventrikelcontraction derjenigen
der Vorhofscontraction gleich gross ist. — Die Anordnung der Versuche
ist folgende: das durch Thonbäusche in seiner Lage fixirte Herz liegt
mit einer bestimmten Stelle des Ventrikels auf dem einen Electrodenpaar
und mit dem Vorhofe nahe der Atrioventrikulargrenze auf einem zweiten
Electrodenpaare ; genau über dem ersten Electrodenpaare trägt der Ven¬
trikel den kürzeren Arm eines sehr leichten Hebels, dessen längerer Arm
die Bewegungen an einem rotirenden Cylinder aufzeichnet. Durch die
Electrodenpaare kann der erregende Inductionsschlag mittelst einer Wippe
abwechselnd gesandt werden.
Die Fortpflanzung der Erregung vom Vorhof zum Ventrikel bedarf
also nach Marchandé Beobachtungen einer sehr langen Zeit, einer viel
längeren Zeit als die Muskelleitung in Anspruch nehmen kann. Nach
den Bestimmungen Engelmann’s 2 beträgt die Fortpflanzungsgeschwindig¬
keit der Erregung im Herzmuskel wahrscheinlich viel mehr, aber gewiss
nicht weniger als 20 Mm. in 1 Sek., was Marchand aus eigenen Ver¬
suchen gleichfalls schliesst — durch Muskelleitung würde aber in Mar¬
chandé Versuchen höchstens 0,1 Sek. verbraucht worden sein — an eine
Leitung durch Nervenfasern kann überhaupt nicht gedacht werden und
sie würde unzweifelhaft noch viel schneller gehen : es bleibt also nur
die Annahme übrig, dass der Weg der Erregung von dem Vor¬
hofe zur Kammer durch die gangliösen Apparate an der
Atrioventrikulargrenze führt. Diese Annahme ist schon von H.
Munk 3 gemacht worden, indem er am sinuslosen Froschherzen die Reihen¬
folge der Bewegungen sich umkehren sah, wenn der Bulbus gereizt wurde,
während bei Reizung der Vorhofsganglien der gewöhnliche Ablauf der
Herzperiode erfolgte. — Die willkürliche Bestimmung von Punkten am
Herzen, von denen die Contractionen ihren Anfang nehmen sollen, ist in
grosser Ausdehnung von Panum4 5 ausgeführt worden. Eckhard0 hat nach
1 Marchand. Arch. f. d. ges. Physiol. XVH. S. 137. 1878.
2 Engelmann, Arch. f. d. ges. Physiol. XI. S. 465. 1875 und Onderzoekmgen te
Utrecht III. 3. p. 79. 1875.
3 H. Munk, Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1878. S. 569.
4 Panum, Bibliothek for Laeger X. p. 46.1858. Auszug in Schmidt’s Jahrbüchern
C. S.148. .
5 Eckhard, Beiträge zur Anatomie und Physiologie VIL S. 191. 1873.