444 Aubert, Innervation der Blutgefässe. 1. Cap. Die Innervation der Arterien.
Diese Sätze sind mehrfach angegriffen worden. Die Behauptung
Pokrowsky’s1, dass die auftretenden Wellen aus einer primär vermehr¬
ten Herzfrequenz abzuleiten seien, ist von keinem andern Beobachter be¬
stätigt worden. Die Unabhängigkeit aller dieser Erscheinungen von der
Herzthätigkeit hat in unwiderlegbarer Weise Hering2 bewiesen, indem
er das Herz durch ein Pumpwerk ersetzte, welches in die vom Herzen
abgebundene Aorta defibrinirtes Blut rhythmisch einspritzte und durch
ausgiebige Eröffnung des rechten Vorhofes für freien Abfluss des Blutes
sorgte: es gelang ihm (wenigstens in einem Versuche) die periodischen
Schwankungen deutlich auftreten zu sehen.
Die uns hier besonders interessirende Frage, ob die Blutdruckssteige¬
rung und periodischen Druckschwankungen von dem vasomotorischen Cen¬
trum abhängig sind, ist von Kowalewsky und Adamük3 4 verneint worden,
da weder Zerstörung des Rückenmarkes zwischen dem ersten und zweiten
Wirbel, noch Durchschneidung der Nn. splanchnici, noch Exstirpation des
Plexus myentericus das Steigen des Druckes verhindert und auch die
periodischen Schwankungen nicht aufhebt, aber allerdings ihr Eintreten
sehr verzögert; sie schliessen daraus, dass diese Erscheinungen von der
Erregung der peripherischen Gefässnerven herrühren. Hering, welcher
im Allgemeinen diese Angaben bestätigt, fand indess die nach der Mark-
durchschneidung auftretenden Wellen in ihrer Länge und Höhe ausser¬
ordentlich verschieden von den ohne Markdurchschneidung auftretenden
Wellen und legt beiderlei Wellenarten verschiedene Ursachen zu Grunde.
Er fand ferner, dass die Tr a übe’sch en Wellen nicht blos nach der
Suspension der Athmung mit dem Steigen des Druckes auftreten, sondern
dass sie auch während der künstlichen Respiration auftreten, wenn ein
gewisser Grad von Venosität des arteriellen Blutes erhalten wird, und
er leitet sie daher ab von der rhythmischen Thätigkeit des respi¬
ratorischen Nervencentrums. S. Mayer4 hat auf Grund ausge¬
dehnter Untersuchungen über Blutdrucksschwankungen die Annahme ge¬
macht, dass die Traube-HERiNG’sclien Wellen nur auftreten, wenn das
vasomotorische Centrum functionsfähig ist, und dass (im Anschlüsse an
Hering) dieselben in direeter Beziehung zum Respirationscentrum stehen,
dass nämlich vom Athmungscentrum rhythmische Impulse nach dem Cen¬
trum für die Gefässinnervation übergehen, welche durch ihre Ansammlung
rhythmisch eine Verstärkung des Tonus dieses Centrums hervorbringen.
Die Integrität des vasomotorischen Centrums hält Mayer bedingend für
das Auftreten der TRAUBE-HERiNG’schen Wellen auf Grund von Versuchen,
in denen nach Ausschaltung des vasomotorischen Centrums durch Zuklem¬
men sämmtlicher Gehirnarterien die früher vorhandenen Wellen schwan¬
den, nach Lösung der Klemmen und Erholung des Gehirns (beziehungs¬
weise des vasomotorischen Centrums) aber wieder auftraten. Die Abhän¬
gigkeit jener Wellen von der Erregung des Athmungscentrums leitet Hering
theils von der erforderlichen Venosität des Blutes, theils von der Beob-
1 Pokrowsky, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1866. S. 59.
2 E. Hering, éitzgsber. d. Wiener Acad. LX. (2) S. 829. 1869.
3 Kowalewsky & Adamük, Centralbl. f. d. med. Wiss. 1868. S. 579.
4 S. Mayer, Sitzgsber. d. Wiener Acad. LXXIV. (3) S. 281. 1876.