442 Aubert, Innervation der Blutgefässe. 1. Cap. Die Innervation der Arterien.
zung sensibler Nerven beobachtet. — Die Innervationsverhältnisse der
Scliwimmhautgefässe sind aber nach den Untersuchungen von Huizinga 1
complicirter, da Hautreize bald reflectorische Verengerung, bald Erwei¬
terung der Arterien in der Schwimmhaut zur Folge haben, was abhängig
ist theils von der Entfernung der gereizten Stelle von der Schwimmhaut,
theils von der Stärke des Reizes. Da Huizinga beobachtete, dass nach
Durchschneidung des Plexus und Nervus ischiadicus Reizung der Zehen
eine eben so starke Erweiterung der Arterien bewirkte, als am unver¬
sehrten Thiere, so schliesst er, dass die Arterien er Weiterung nicht
von spinalen Centren, sondern von „localen Gefässcentren“ ab¬
hängig ist (vgl. S. 422).
In welchem Zusammenhänge das vasomotorische Centrum der
Medulla oblongata zu den spinalen vasomotorischen Reflexapparaten
steht — ob die letzteren nur vicariirend auftreten, oder ihre Wirk¬
samkeit eine im Verhältniss zu der des Centrums im verlängerten
Marke untergeordnete ist, geht aus den bisherigen Untersuchungen
nicht hervor. Eine Generalisirung der an einer Thierart erhaltenen
Resultate ist hier ganz besonders zu unterlassen — noch bedenklicher
ist die Neigung Vulpian’s, eine Analogie der reflectorischen Gefäss-
veränderungen mit den Reflexen auf motorische Nerven festzuhalten.
Das vasomotorische Centrum in der Medulla oblongata wird durch
den Wechsel im Gasgehalte des Blutes in seiner Erregung und
Wirkung auf die Gefässnerven verändert. Der Mangel an Sauerstoff
im Blute und der Reichthum des Blutes an Kohlensäure wirken in
gleichem Sinne erregend auf das vasomotorische Centrum. Die Stei¬
gerung des Blutdruckes im arteriellen Systeme, welche durch Ath-
mungssuspension, oder durch Athmung sauerstofffreier Luft, oder
durch Athmung kohlensäurereicher Luft (bei unverändertem Sauer¬
stoffgehalt) herbeigeführt wird, beruht auf der Contraction aller klei¬
nen Arterien. Sie tritt nicht oder nur in geringem Grade ein, wenn
das Rückenmark zwischen den beiden oberen Wirbeln zerquetscht
wird. Die respiratorischen Blutdruckschwankungen bei regelmässiger
künstlicher Athmung an curaresirten Thieren sind die Folge des ver¬
änderten Sauerstoff- und Kohlensäuregehaltes im Blute — aber auch
bei Athmungssuspension treten regelmässige periodische Druckschwan¬
kungen (unabhängig von der Herzfrequenz) auf, welche vielleicht auf
einer Uebertragung der Erregungen des Athmungscentrums auf das
Gefässcentrum beruhen.
Nachdem Ludwig2 schon in seinen ersten Untersuchungen am Ky-
mographion den Einfluss der Athmung auf den Blutdruck besonders her-
1 Huizinga, Arch. f. d. ges. Physiol. XI. S. 207. 1875.
2 C. Ludwig. Arch. f. Anat. u. Physiol. 1S47. S. 242.