Volltext: Erster Theil: Innervation der Kreislaufsorgane (4)

Das vasomotorische Centrum. 
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nicht das alleinige Centrum der Gefässnerven sei, und Goltz1 kam in 
seinen Versuchen über den Tonus der Gefässe zu dem Resultate, dass 
dasselbe beim Frosche von dem Rückenmarke abhängig sei, und dass dies 
nach den Versuchen von Le Gallois auch für Säugethiere angenommen 
werden müsse. Schlesinger'2 fand dann, dass nach Durchschneidung des 
Halsmarkes durch Strychnin vergift un g eine Erhöhung des Blut¬ 
druckes eintritt, und dass bei so behandelten Thieren durch Reizung sen¬ 
sibler Nerven reflectorische Blutdruckssteigerung hervorgerufen wird, wo¬ 
raus er auf vasomotorische Centra unterhalb der Medulla oblongata im 
Rückenmarke schliesst. Von ganz besonderem Werthe für diese Annahme 
sind aber Versuche von Goltz3, in denen er an Hunden, welchen das 
Rückenmark durchschnitten worden war, durch Reizung des durchschnit¬ 
tenen linken Ischiadicus am centralen Stumpfe erst Sinken, dann Steigen 
der Temperatur in dem rechten Fusse beobachtete, und zwar in einem 
Falle ein Steigen um 6,2°. Einen Versuch der Reflexwirkung auf die 
Gefässnerven des Penis bei durchschnittenem Lendenmarke von Goltz 
haben wir schon oben (S. 430) angeführt. Bochefontaine4 beobachtete 
unter ähnlichen Bedingungen Drucksteigerung, wenn nach Zerquetschung 
des Rückenmarks in der Höhe der vorderen Extremitäten der Ischiadicus 
gereizt wurde. Versuche, welche Vulpian5 6 zur Stütze der Annahme va¬ 
somotorischer Reflexapparate im Rückenmarke anstellte, ergaben Tempe¬ 
raturerniedrigung bei Reizung des Ischiadicus, Temperaturerhöhung bei 
Reizung der ungleichnamigen Pfote; die Veränderungen bei Vulpian sind 
nur gering. Auch Luchsinger9 bestätigte die Versuche von Goltz be¬ 
züglich der Gefässerweiterung nach andersseitiger Ischiadicusreizung. Die 
Reflexerregbarkeit des Rückenmarks bei Unterbindung der gesammten 
Kopfarterien bestätigten Kabierske und Heidenhain7 in einer Anzahl von 
ihren Versuchen, sahen aber nicht immer den Druck bei Reizung des 
Ischiadicus steigen, selbst bei strychnisirten Thieren nicht constant. Wäh¬ 
rend Heidenhain die reflectorische Gefässverengerung mit Hülfe des Rücken¬ 
markes für zweifellos hält, findet er, dass der Umfang des von dem Rücken¬ 
marke beherrschten Gefässgebietes sehr viel kleiner ist, als der Umfang 
des von dem verlängerten Marke beeinflussbaren Gebietes. 
Für den Frosch schliesst Nussbaum8 in Uebereinstimmung mit den 
früheren Versuchen von Lister9, dass beim Frosche das Rückenmark 
selbstständig wie die Medulla oblongata die Gefässinnervation besorgt, 
da nicht nach Trennung des Gehirns und der Medulla oblongata, son¬ 
dern erst nach Exstirpation des ganzen centralen Nervensystems der 
Gefässtonus auf hört. Ausserdem werden nach Exstirpation des Gehirns 
und des verlängerten Markes Arteriencontractionen in Folge von Rei- 
1 F. Goltz. Arch. f. Anat. u. Physiol. XXIX. S. 394.1864. 
2 Schlesinger, Wiener med. Jahrb. 1874. S. 1. 
3 Goltz, Arch. f. d. ges. Physiol. IX. S. 189. 1874. 
■i Bochefontaine, Arch, de physiol, norm, et pathol. 1876. p. 140. 
5 Vulpian, Leçons sur l’appareil vasomoteur. I. p. 266 u. fg. 1875. 
6 Luchsinger, Arch. f. d. ges. Physiol. XIV. S. 378 Anm. 1877. 
7 R. Heldenhain & Kabierske, Arch. f. d. ges. Physiol. X. S. 518. 1875. 
8 Nussbaum, Ebenda. X. S. 374. 1875. 
9 J. Lister, Philos. Transact. 1858. p. 607.
	        
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