Volltext: Erster Theil: Innervation der Kreislaufsorgane (4)

440 Aubert, Innervation der Blutgefässe. 1. Cap. Die Innervation der Arterien. 
welche in eine Kategorie mit den vasomotorischen Erregungen nach 
Reizung sensibler Nerven zu stellen sind, aber durch die Exstirpa¬ 
tion oder Ausschliessung des Grosshirnes wird die Wirksamkeit des 
Gefässcentrums nicht verändert. 
Dass das Grosshirn nicht bedingend ist für das Zustandekommen von 
vasomotorischen Reflexen geht theils aus Beobachtungen von Heidenhain1 
und von Nawalichin2, theils aus den Versuchen, welche Dittmar in seiner 
ersten Arbeit veröffentlicht hat, und welche von Latschenberger und 
Deahna3 bestätigt werden, auf das bestimmteste hervor, da diese Beob¬ 
achter nach vollständiger Exstirpation des Grosshirns beim Kaninchen 
und beim Hunde (Heidenhain) bei centraler Ischiadicusreizung die Er¬ 
höhung des Blutdruckes erhielten. Die gegenteiligen Resultate, welche 
von Bezold4 und Cyon5 erhielten, erklären sich theils aus Ansammlungen 
von Blut im Durasack, wodurch die Leitung im Rückenmark vom Ischia- 
dicus her aufgehoben wird, theils aus einer Erschöpfung der Medulla 
durch die starke Blutung bei der Gehirnexstirpation. Zur Vermeidung 
solcher Blutungen ist schon von Nowalichin statt der Durchschneidung 
des Gehirns über der Medulla oblongata die U n t e r b i n d ii n g der G e - 
hirnarterien bei Katzen vorgenommen worden, welche später von 
S. Mayer6 in vollständigster Weise ausgeführt wurde und den Nachweis 
des Einflusses des vasomotorischen Centrums auf die Körperarterien lie¬ 
ferte. Durch die MAYER’schen Versuche allein würde allerdings eine 
nähere Bestimmung des Ortes des vasomotorischen Centrums nicht ge¬ 
geben werden können, da es sogar scheinen könnte, als ob das „cere¬ 
brale Centrum für die Vasomotoren“ nicht in der Medulla oblongata, 
sondern im Gehirn liegen müsste, was indess nicht gemeint ist. Beim 
Hunde lässt sich, wie Panum7 fand und Heidenhain8 und S. Mayer be¬ 
stätigten, durch Zuklemmen der Art. vertebrales und der Carotiden der 
Blutstrom zum Gehirne nicht auflieben. 
Ausser dem vasomotorischen Centrum in der Medulla oblongata 
kann aber auch durch das Rückenmark und das Lendenmark eine 
re fl ecto rische Gefässerregung vermittelt werden, da Reizung 
des N. ischiadieus nach Zerschneidung des Lendenmarkes an seiner 
oberen Grenze oder nach Durchschneidung des Rückenmarkes eine 
Gefäss- und Temperaturveränderung in dem Beine der anderen Seite 
zur Folge hat. 
Schon Brown-Séquard9 hatte den Versuchen von Schiff entgegen 
aus seinen Versuchen den Schluss gezogen, dass das verlängerte Mark 
1 E. Heidenhain, Arch. f. d. ges. Physiol. III. S. 510. 1870; IV. S. 552. 1871. 
2 Nawalichin, Centralbl. f. d. med. AViss. 1870. S. 483. 
3 Latschenberger & Deahna, Arch. f. d. ges. Physiol. XII. S. 192. 1876. 
4 vonBezold, Unters, üb. d. Innerv. d. Herzens. S. 273. 1863. 
5 E. Cyon, Compt. rend. II. p. 568. 1S69. 
6 S. Mayer, Sitzgsber. d. AViener Acad. LXXI1I. (3) S. 85. 1876. 
7 Panum, Ztschr. f. klin. Med. (von Günsburg) VII. S. 409. 1856. 
8 Heidenhain, Studien d. physiol. Inst. z. Breslau. PV S. 87. 1868. 
9 Brown-Séquard, Journ. d. physiol, de l’homme. I. p. 209. 1858.
	        
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