96 Rollett, Physiologie des Blutes. 5. Cap. Eiweisskörper d. Blutserum u. -plasma.
der Alkaliverbindung abgeschiedenen Eiweisskörper (LiEBERKÜHx’sches Ei-
weiss l) dar. Es ist in Wasser äusserst schwer löslich, in ganz reinem
Zustande auf feuchtes Lackmuspapier gebracht, reagirt es sauer, unter
Wasser mit kohlensauren alkalischen Erden (Kalk, Baryt, Strontian,
Magnesia) verrieben, löst es sich unter Austreibung von Kohlensäure (Mör¬
ner 2), leicht wird es von Alkalien und kohlensauren Alkalien gelöst ; die
mit möglichst wenig Alkali bereiteten Lösungen reagiren sauer (Mörner) ;
in neutralen phosphorsauren Alkalien ist es leicht löslich, unlöslich in
ClNa und anderen Salzen.
In besonderer Form erhält man das LiEBERKÜHN’sche Eiweiss, wenn
man das feste LiEBERKÜHN’sche Kalialbuminat mit Kohlensäure oder vor¬
sichtig zugesetzter Essigsäure versetzt. Die Stücke der glashellen Gallerte
werden dabei zuerst an den Rändern, dann in ganzer Masse weiss, opak
und elastisch zähe. Wegen ihrer Aehnlichkeit mit Fibrin hat Brücke 3
diese Form als Pseudofibrin bezeichnet.
Ausser den schon von Lieberkühn angeführten Reactionen gegen
Erwärmung, Essigsäure und dreibasische Phosphorsäure haben das LiEBER¬
KÜHN’sche Eiweiss und die Alkalialbuminatlösungen noch eine Reihe von
anderen Eigenschaften mit dem Casein der Milch gemein. Die Gerinn¬
barkeit durch Lab (Skrceczka 4), Löslichkeit in neutralen Phosphaten, die
dadurch in saure übergehen, so lange das saure Phosphat einen bestimm¬
ten Procentgehalt nicht überschreitet (Rollett 5 6, Soxhlet °, Soyka 7, Mör¬
ner8), Filtrirbarkeit durch Thonfilter (Soxhlet9, C. Schwalbe10 * gegen
Zahn u), Bildung von Schwefelkalium beim Behandeln mit Kalilauge (Soxh¬
let12 gegen Hoppe-Seyler13). Man war darum geneigt, Alkalialbuminat
und Casein für identische Substanzen zu halten, was nach einer Reihe
von Eigenthümlichkeiten des Casein aufdeckenden Arbeiten von Lubavin14,
Hammarsten15 und A. Schmidt16 nicht mehr gerechtfertigt ist. Brücke17
weist darauf hin, dass bei der Darstellung des LiEBERKÜHN’sclien Kali-
1 In Bezug auf die Nomenklatur wäre es sehr wünsclienswerth, für diesen
Eiweisskörper ausschliesslich die obige Bezeichnung oder nach Hoppe-Seyler’s
(Handbuch 3. Aufl. S. 197 u. 207. Berlin 1870) und Soyka’s (Arch. f. d. ges. Physiol.
II. S. 369) Vorgänge die alte MrLDER’sche Bezeichnung Protein zu verwenden und
nur die löslichen Verbindungen dieses Körpers mit Alkalien als Alkalialbuminate
zu bezeichnen.
2 Mörner a. a. 0.
3 Brücke. Arch. f. pathol. Ànat. XII. S. 193. 1857.
4 Skrceczka. Quaeritur cpiomodo Caseinum et Natron albuminatum pepsino
afficiantur. Königsberg 1855.
5 Rollett, Sitzgsber. d. Wiener Acad. XXXIX. 2. Abth. S. 547. 1S60.
6 Soxhlet. Journ. f. pract. Chemie. N. F. VI. S. 1. 18 72.
7 Soyka, Arch. f. d. ges. Physiol. XII. S. 347. 1876.
8 Mörner, Ebenda XVII. S'. 46S 1878. > 9 Soxhlet a, a. 0.
10 C. Schwalbe, Centralbl. f. d. med. Wiss. 1872. S. 66.
11 Zahn. Arch. f. d. ges. Physiol. II. S. 598. 1869.
12 Soxhlet a. a. 0.
13 Hoppe-Seyler, Ztschr. f. Chemie u. Pharm. 1864. S. 737; Handln d. physiol,
u. pathol.-ehern. Analys. 3. Aufl. S. 196, 197, 206. Berlin 1870.
14 Lubavin, Med.-ehern. Unters, v. Hoppe-Seyler. S. 463. Berlin 1866—71.
15 Hammarsten, Upsala Läkareförenings Förhandlingar 4111. p. 63. 1872, IX.
p. 363. 1874 (citirt nach Maly’s Jahresber. 1872. S. 118 u. 1874. 135).
16 A. Schmidt, Ein Beitrag zur Kenntniss der Milch. Dorpat 1874.
17 Brücke. 41>rlesungen über Physiologie I. S. 90. Wien 1S75.