90 Rollett, Physiologie des Blutes. 5. Cap. Eiweisskörper d. Blutserum u. -plasma.
Spaltungsproducte aller dieser Körper, die als mit der Structur der Eiweiss¬
körper in näherer Beziehung stehende Moleküle angesehen werden müssen1 2,
und durch Schützenberger ist der Versuch gemacht worden, darzutliun, dass
sich das Eiweissmolekül durch gewisse Zersetzungsmittel vollauf spalten
lässt in eine Reihe bekannter Moleküle, unter welchen Harnstoff, Leucine,
Amidosäuren der Acryl- und der Asparaginsäurereihe sich befinden. Wir
werden aus der Reihe der Eiweisskörper im Blute vorfinden das Serum-
eiweiss (Serin), einen dem Eieralbumin nahe verwandten Eiweisskörper;
das Serumglobulin; das Fibrin; das Fibrinogen.
I. Das Senmieiweiss.
Wir beginnen mit diesem Körper, weil er dem Eieralbumin,
welches gleichsam als Typus der ganzen Gruppe angesehen werden
kann, am meisten verwandt ist.
Das Serumalbumin (Serumeiweiss, von Denis1 auch Serin ge¬
nannt) theilt die meisten Reactionen mit dem Eieralbumin. Man ist
aber nicht berechtigt, beide Körper für identisch anzusehen. Sie
unterscheiden sich durch ihre circulare Doppelbrechung. Das spec.
Drehungsvermögen des Serumalbumin für die Linie I) Fraunhofer
bestimmte Hoppe-Seyler3 zu «]d = — 56°, während er für Eier¬
albumin «]D = — 35,5° fand. Haas4 erhielt später für Eieralbumin
a]o= — 38,08° für Serumalbumin einmal «]d = — 55,75° zweimal
«]D = — 62°.
Die Rotationsconstanten sind also vorerst noch mit Vorsicht aufzu¬
nehmen. Es ist, wie sich ergeben wird, sehr schwer, sich Lösungen bei¬
der Eiweisskörper zu verschaffen, die hinreichend concentrirt und frei von
anderen Eiweisskörpern sind. Auf diese Schwierigkeit ist es auch zurück¬
zuführen, dass Haas angiebt, dass die spec. Drehung des Eieralbumin
unabhängig ist von der Concentration sowohl als auch von der Art und
Menge gleichzeitig in der Lösung vorhandener Salze, während Hoppe an¬
giebt, dass eine neutrale Lösung von Serumalbumin durch Sättigen mit
Kochsalz ihre spec. Drehung erhöht.
Haas hebt die Unveränderlichkeit der Drehungsconstante des Ei-
weisses im Vergleich mit in wahrer Lösung befindlichen krystalloiden
Substanzen hervor. Das spec. Drehungsvermögen der letzteren ist
mit Natur und Menge des inactiven Lösungsmittels verschieden (Ou-
1 Schützenberger, Bull, de la soc. chim. XXIII—XXV. 1875—76 eine Reihe
von Artikeln; Ann. de chim. et phys. XVI. sér. 5. p. 2S9. 1879.
2 Denis, Nouv. étud. chim., physiol, et méd. sur les subst. albumin, etc. p. 79.
Paris 1856.
3 Hoppe-Seyler. Ztschr. f. Chemie u. Pharm. 1864. S. 737.
4 Haas, Arch. f. d. ges. Physiol. XII. S. 378. 1876.