78 Rollett, Physiologie des Blutes. 3. Cap. Die farblosen Blutkörperchen.
in 1 C.-Mill. Blut 3000—9000 weisse Blutkörperchen. Das gewöhn¬
liche Verhältniss war 1 : 1200—1 : 1500 rothen. Es kann aber das
Verhältniss bis 1 : 900 steigen.
Malassez1 fand bei gesunden Personen 4000—7000 weisse Blut¬
körperchen in 1 C.-Mill. Blut. Das Verhältniss zu den rothen schwankt
zwischen 1 : 1250 — 1 : 650 und soll darauf namentlich das Trinken von
Einfluss sein.
Die mitgetkeilten Beobachtungen genügen, zu zeigen, wie schwie¬
rig es ist, irgend welche Schlüsse aus den Beobachtungen zu ziehen.
Andererseits ist es sicher, dass die enormen Schwankungen der Ver-
hältnisszahlen nicht auf die der Zählmethode (vergl. oben S. 26) an¬
haftenden Fehler zurückgeführt werden können. Auf die Wahl der
Verdünnungsflüssigkeit auf eine genaue Controlle der Zeit nach der
Blutentnahme und der im Präparat zu constatirenden Veränderungen
der weissen Blutkörperchen wird es sehr wesentlich ankommen, wenn
vergleichbare Resultate gewonnen werden sollen. Die bisherigen Er¬
fahrungen genügen nicht, um ein Urtheil über die Brauchbarkeit oder
Verwerflichkeit der Zählung der weissen Blutkörperchen abzugeben,
wenn auch die bisher gewonnenen Resultate wegen ihrer grossen Ab¬
weichungen nur einen sehr beschränkten Werth haben.
In Bezug auf die chemische Zusammensetzung der weissen Blut¬
körperchen ist zu bemerken, dass die weissen Blutkörperchen aus dem
normalen Blute noch nicht analysirt wurden, obwohl die Möglichkeit,
sie in genügender Menge aus dem Blute zu isoliren, nach Untersu¬
chungen von A. Schmidt2 zu urtheilen, nicht ausgeschlossen ist. Man
pflegt in Ermangelung directer Untersuchungen auf das chemische
Verhalten der weissen Blutkörperchen im normalen Blute Schlüsse
zu ziehen, aus dem Verhalten, welches man am Protoplasma junger
Zellen, am leukämischen Blute und am Eiter beobachtet hat, und
dazu kommen einzelne an den weissen Blutkörperchen selbst gemachte
Beobachtungen.
In den weissen Blutkörperchen kommen Eiweisskörper vor und
darunter das von Kühne3 für contractile Substanzen als hauptsäch¬
lichster Eiweisskörper nachgewiesene Myosin.
Bei dem raschen Zerfall, welchen die weissen Blutkörperchen
bei der Gerinnung des Blutes eingehen, liefern dieselben beträchtliche
Mengen des Eiweisskörpers, welchen wir später als Serumglobulin
1 Malassez, Gaz. méd. 1876. p. 297.
2 S. unten.
3 Kühne, Untersuchungen über das Protoplasma und die Contractilität. Leip¬
zig 1864.