76 Rollett, Physiologie des Blutes. 3. Cap. Die farblosen Blutkörperchen.
Laptschinsky1 und À. Schmidt2 noch eingehender gewürdigt und als
Zerfallsproducte der weissen Blutkörperchen dargethan worden. Beob¬
achtet man die Gerinnung des Blutes unter dem Microscope, so sieht man
die Fibrinfäden an diesen Körnchenhaufen anschiessen und diese selbst
dabei kleiner werden und in dem Gerinnsel verschwinden (Ranvier3,
A. Schmidt4 6). Wir werden bei der Fibrinbildung wieder auf den Zer¬
fall der weissen Blutkörperchen zurückkommen müssen, der nach
A. Schmidt sich im Blut, welches aus den Gefässen entfernt wurde,
in reichlichem Maasse einstellt und einen wesentlichen Factor der
Blutgerinnung abgiebt. Hayem" führt auch für seine Hämatoplasten
an, dass sie während der raschen Veränderungen, welche sie nach
dem Ablassen des Blutes eingehen, die Neigung besitzen, sich zu
Körnerhaufen zu verkleben, das soll namentlich bei Anämie der Fall
sein. Auch beschreibt Hayem eine ganz ähnliche Beziehung der Hä-
matoblasten zur Fibrinbildung, wie sie früher für die zerfallenden
weissen Blutkörperchen angegeben wurde. Ueber die noch in vieler
Beziehung der Aufklärung bedürftigen Körnchenbildungen im Blute
handeln auch Osler & Schaffer0, Osler7, Leube8 und Ries9.
Bei der Untersuchung des circulirenden Blutes (s. unten), kann
man sich überzeugen, dass die weissen Blutkörperchen im Blute im
Vergleich mit den rothen nur in geringer Anzahl vorhanden sind.
Man hat so wie mit den rothen Blutkörperchen auch mit den weissen
Blutkörperchen Zählungen in frisch aufpräparirten Blutstropfen vorgenom¬
men, die ermittelten Werthe sind aber wahrscheinlich meist viel zu klein,
weil bei den vorliegenden Zählungen auf jenen Zerfall der weissen Blut¬
körperchen im abgelassenen Blute keine Rücksicht genommen wurde und
nur zufällig (durch die angewendete Verdünnungsflüssigkeit) der Zerfall
der weissen Blutkörperchen im Präparate beschränkt worden sein kann.
Immerhin haben die Zählungen der weissen Blutkörperchen einige That-
sachen zu Tage gefördert, deren Deutung zwar keine ganz sichere ist,
die aber mehr für eine mit gewissen physiologischen Zuständen veränder¬
liche Anzahl jener Gebilde als für eine mit jenen Zuständen verschiedene
Geschwindigkeit ihres Zerfalles zu sprechen scheinen. Die Beziehungen
der weissen Blutkörperchen zur Blutgerinnung und die nachweislich unter
verschiedenen Bedingungen schwankende Gerinnungszeit des Blutes weisen
aber darauf hin, dass auch der letztere Factor nicht ohne Einfluss auf
1 Laptschinsky, Centralbl. f. d. med Wiss. 1874. S. 657.
2 A. Schmidt, Arch. f. d. ges. Physiol. IX. S. 353. 1874, XI. S. 515. 1875.
3 Ran vier a. a. 0.
4 A. Schmidt a. a. 0.
5 Hayem. Arch, de physiol. Y. sér. 2. p. 692. 1878.
6 Osler u. Schäfer. Centralbl. f. d. med. Miss. 1873. S. 576.
7 Osler, Proceed, of the Roy. Soc. XXII. p. 391. 1874.
8 Leube. Berliner klin. Wochenschr. 1879. S. 653.
9 Ries, Ebenda S. 696.