60 Rollett, Physiologie des Blutes. 2. Cap. Die rothen Blutkörperchen.
Wir haben früher die Zerstörung der Blutkörperchen und Ab¬
gabe ihres Farbenstoffes an die umgebende Flüssigkeit als Bedingung
des Lackfarbigwerdens kennen gelernt. Unverändertes und lackfar¬
biges Blut verhalten sich zu einander wie Blut und Hämoglobinlösung.
7. Ausser der Verbindung, welche das Hämoglobin mit Sauer¬
stoff eingeht, wurde noch eine Reihe von anderen Hämoglobinver¬
bindungen beschrieben. Dieselben sind zum Theile sehr hypothetischer
Natur. Zwei führen wir an wegen ihrer Aehnlichkeit mit dem Oxy¬
hämoglobin.
Das Kohlenoxydhämoglobin bildet sich wenn in Blut oder Hä¬
moglobinlösungen CO eingeleitet wird, oder wenn Thiere in CO
ersticken. Das CO wird vom Hämoglobin begierig aufgenommen
und tritt an Stelle des Sauerstoffs, welchen es Molekül für Molekül
aus dem Oxyhämoglobin austreibt (Bernard1, L. Meyer2). Es ist
aber selbst nicht unzerlegbar durch den Sauerstoff oder durch das
Vacuum wie man früher annahm, sondern entlässt beim Durchleiten
von 0 oder H und von CO% das CO wieder (Donders3) und giebt
auch an das Vacuum CO ab (Zuntz 4 5). Das Kohlenoxydhämoglobin
krystallisirt dem Oxyhämoglobin isomorph. Vor dem Spectroscope
giebt es Erscheinungen, welche denen des Sauerstoffhämoglobin sehr
ähnlich sind: 2 Absorptionsstreifen den Hämoglobinstreifen gleichend,
aber gegen das violette Ende hin etwas verschoben, das letztere ist
weniger verkürzt, liegen die Streifen des Oxyhämoglobin im Normal-
spectrum auf 578 und 539, so ergiebt sich für das Kohlenoxydhämo¬
globin 572 und 535. Die Streifen werden nicht geändert durch jene
Einflüsse, welche das Sauerstoffhämoglobin in das reducirte Hämoglo¬
bin überführen.
Das Stickoxydhämoglobin wurde von Hermann 1 dargestellt. Die
Verbindung ist noch fester als das Kohlenoxydhämoglobin. Es kann
aus reducirtem Hämoglobin und aus Kohlenoxydhämoglobin .gewonnen
werden. Aus Oxyhämoglobin nur dann, wenn man für sogleiche Neu¬
tralisation der sich bildenden salpetrigen Säure sorgt. Das Spectrum
des Stickoxydhämoglobins zeigt zwei den Oxyhämoglobinstreifen nahe¬
zu gleiche Absorptionsstreifen. Es verhält sich gegen reducirende Sub¬
stanzen ähnlich wie das Kohlenoxyd, seine Streifen kommen dadurch
nicht zum Verschwinden.
1 Bernard, Leçons sur les effets des subst. toxiq. et med. p. 171. Paris 1857.
2 L. Meyer, De sanquine oxydo carbon, infect. Breslau 1858; Ztschr. f. rat.
Y. (3) S. 83. 1859.
3 Donders, Arch. f. d. ges. Physiol. V. 20. 1872.
4 Zuntz, Ebenda S. 584.
5 Hermann, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1865. S. 469.