Kürzeste Uebertragungszeit der Bluttheilchen.
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wechselt die Geschwindigkeit in jedem Stromarm mit dem Wechsel
der Querschnitte der Strombahn. Nach allem, was wir so eben vor¬
gebracht haben, muss es aber scheinen, dass die Frage nach der
Dauer eines Kreislaufes einer präcisen Beantwortung überhaupt nicht
fähig ist.
Das ist aber nur so lange der Fall, als wir sie ganz uneinge¬
schränkt aufwerfen. Unter gewissen Einschränkungen kann sie ge¬
stellt und auch mit einiger Sicherheit und in einer practischen Be¬
dürfnissen genügenden Weise beantwortet werden.
Es handelt sich nun darum, dass wir uns diese Einschränkung
unserer Frage klar machen.
Wir stellen uns zu dem Ende vor, dass es uns möglich wäre,
alle rothen Blutkörperchen, welche in der mit einer Systole des
linken Ventrikels entleerten Blutmenge enthalten sind, rasch mit
Merkzeichen zu versehen, an welchen wir sie, wenn sie nach Durch-
laufung der ganzen Kreislaufsbahn wieder in den linken Ventrikel
anlangen, leicht wieder erkennen könnten, dann würden bei der all¬
gemeinen Begünstigung, welche die rothen Blutkörperchen erfahren,
dadurch, dass sie in den rasch bewegten Axenfäden vorwärts ge¬
trieben werden, offenbar diejenigen rothen Blutkörperchen am ehesten
in dem linken Ventrikel wieder anlangen, welche in den Stromarmen,
in die sie gelangten, die günstigsten Bedingungen für die Ueber-
tragung vorfanden. Würden wir aber die Zeit von der stattgehabten
Merkung der Blutkörperchen bis zum Anlangen der ersten gemerkten
Blutkörperchen an dem Ort, wo die Merkung stattgefunden hat, mes¬
sen, so würden wir erfahren die kürzeste Zeit, die überhaupt noth-
wendig ist, damit ein Bluttheilchen einmal den Kreislauf voll¬
enden kann. Was wir hier für einen bestimmten Ausgangspunct
entwickelt haben, lässt sich, wie man leicht finden wird, für jeden
beliebigen Ausgangsort auf der Kreislaufsbahn in ähnlicher Weise
überlegen.
Was wir aber an den Blutkörperchen nicht auszuführen im Stande
sind, kann nun ersetzt werden dadurch, dass wir an einem bestimmten
Orte der Kreislaufsbahn eine Flüssigkeit ins Blut bringen, von der
wir annehmen können, dass ihre Anwesenheit im Blute keine Stö¬
rungen hervorbringt, dass dieselbe nur die Geschwindigkeiten des
Blutes und keine davon unabhängige oder doch nur zu vernachläs¬
sigende Eigengeschwindigkeit durch Diffusion annimmt , und dass
sich die geringsten Mengen derselben mit Sicherheit wieder auffin¬
den lassen.
Eine Flüssigkeit, welche diese Bedingungen am besten erfüllt
Handbuch der Physiologie. Bd. IV. 22