Volltext: Erster Theil: Blut und Blutbewegung (4)

Schwankungen u. Werthe d. venös. Druckes ; Geschwindigkeit d. Blutstromes. 335 
Brunner’s schon früher1 erwähnte Versuche haben ergeben, dass 
der Blutdruck in den Venen nur unbeträchtlich steigt, wenn er in den 
Arterien sehr beträchtlich sinkt. So kam es vor, dass nach 30 Se- 
cunden dauernder Sistirung der Herz- und Athembewegungen der 
Blutdruck in der Carotis 38—57 mal mehr gesunken war als er gleich¬ 
zeitig in der Jugularvene stieg. 
Diese Thatsache erklärt sich aus der verschiedenen Geräumig¬ 
keit der Arterien und Venen, die eine Folge der grossen Nachgiebig¬ 
keit der Venenwände im Vergleich zu den Arterienwänden ist ; eine 
Quantität Blut, welche einen grossen Bruchtheil des Inhaltes der 
Arterien vorstellt, ist ein sehr kleiner Bruchtheil des Veneninhaltes. 
Die Venen können aber wegen der Dehnbarkeit ihrer Wandungen 
eine grosse Menge von Flüssigkeit fassen, ehe die Spannung in den¬ 
selben mèrklich wächst, während die nur wenig dehnbare Arterien¬ 
wand bedingt, dass selbst durch geringe Herabsetzung des Inhaltes 
schon eine beträchtliche Entspannung eintritt. 
Es ergiebt sich leicht, dass die mittlere Spannung im Gefäss- 
systeme für den Fall als die Sistirung der Herzthätigkeit so lange 
währt, dass die Druckdifferenz zwischen Arterien und Venen völlig 
abgeglichen ist (Spannung des ruhenden Blutes), nicht das Mittel 
zwischen dem anfänglichen Druck in Arterien und Venen sein kann, 
sondern kleiner sein muss. Das Herz erhöht also die mittlere Span¬ 
nung der das Gefasssystem erfüllenden Flüssigkeit, wie auch Don- 
ders'2 entgegen E. H. Weber3 vertheidigte. 
Ueber Venenpuls vergleiche noch S. 178 oben und Bamberger4, 
Geigel5 6 und Friedreich0. 
Bestimmungen der Stromgeschwindigkeit in den Venen hat Volk¬ 
mann7 mittelst seines Hämodromometers am Hunde ausgeführt. Aus 
den sehr spärlichen Versuchen folgerte Volkmann eine Geschwin¬ 
digkeit, welche bedeutend kleiner ist, als die in der betreffenden 
Arterie, das konnten Cyon & Steinmann8, nach Versuchen die an 
mit Opium oder Curare vergifteten Hunden mit Ludwig’s Stromuhr 
ausgeführt wurden, nicht bestätigen. Sie fanden vielmehr die Ge- 
1 s. oben S. 247. 
2 Donders, Nederl. Lancet. 3. sér. III. p. 627. Arch. f. Anat. u. Physiol. 1856. 
S. 456. 
3 E. H. Weber, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1851. S. 524. 
4 Bamberger, Würzb. med. Ztschr. IV. S. 232. 1863. 
5 Geigel, Ebenda. S. 332. 
6 Friedreich, Deutsch. Arch. f. klin. Med. I. S. 241. 1865. 
7 Volkmann, Hämodynamik. S. 195. 
8 Cyon u. Steinmann, Mélang. biolog. tir. du Bull, de l’acad. impér. de St. Pe¬ 
tersburg. VIII. p. 53. 1871.
	        
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