330 Rollett, Physiologie cl. Blutbeweguiig. 7. Cap. Blutbewegimg in den Venen.
1. Die Aspiration durch den Brustraum.
Das An- und Abschwellen der blossgelegten Halsvenen des Hun¬
des in Folge der respiratorischen Bewegungen des Thorax war nach
dem Zeugnisse Morgagni’s1 schoii Valsalva bekannt. Später bildete
der Einfluss der Athembewegungen auf den Blutlauf in den Venen
den Gegenstand vielfacher Experimente Poiseuille’s'2, wozu sich der¬
selbe des von ihm eingeführten Manometers bediente.
Geläuterte Anschauungen darüber erötfnete uns aber erst Don-
ders durch seine Studien über den intrathoracischen Druck. Don-
ders’ Nachweis des negativen Druckes in der Brusthöhle wurde
schon oben (S.-274) dargestellt. Als Grund für denselben haben wir
die relative Unnachgiebigkeit der Brustwand und die elastische Kraft
der Lunge kennen gelernt.
Dagegen lastet auf der äusseren Oberfläche der ausserhalb des
Brustkastens gelegenen Venen der Atmosphärendruck oder ein noch
etwas grösserer, da sich zu jenem die Spannung der Gewebe addirt,
durch welche die Venen verlaufen.
Das Blut wird also in jedem Moment gegen die Brusthöhle hin
beschleunigt. Wir haben ferner gesehen, dass die respiratorischen
Schwankungen des intrathoracischen Druckes beim ruhigen Athmen
nur gering sind und erst grösser werden, wenn die Athmung sich
vertieft oder behindert ist. Das inspiratorische Ab- und exspirato-
rische Anschwellen blossgelegter Halsvenen tritt in erhöhtem Maasse
auf, so wie man durch Zuhalten der Luftröhre die Schwankungen
des intrathoracischen Druckes vergrössert; die Erscheinung ist eben
so an der unteren Hohlvene nach Eröffnung der Bauchhöhle zu sehen.
In peripherischen Venen ist der Einfluss der Athembewegungen nicht
in derselben Weise wahrzunehmen. Bei ruhigem und seichtem Ath¬
men wegen des geringen Umfanges der Schwankung; bei tiefem und
behindertem Athmen, bei der Inspiration wegen der raschen Ent¬
leerung der dem Brustkasten zunächst liegenden Venen, die ein Zu¬
klappen der Venen zur Folge hat, bei der Exspiration aber hindern
die Klappen die Wirkung der Pressung auf die peripheren Venen.
Das Anschwellen der Halsvenen beim Schreien, kräftigen Blasen,
Singen fällt in die Reihe der besprochenen Erscheinungen.
Endlich sei noch gedacht des Lufteintrittes in geöffnete Venen
1 Morgagni, De sedibus et causis morborum. Epist. XIX.
2 Poiseuille , Recherch. sur la cause des mouvem. du sang dans les vein.
Paris 1830.