Stomatau. Stigmata; Weite, Contractilität der Capillaren. 325
Zellen, von welchen nur je zwei im Umkreise der Röhre liegen,
dann wieder kürzere gedrungene Zellen, von welchen 3—4 um das
Lumen herumliegen, das Capillarrohr.
In Folge bestimmter äusserer Einflüsse sieht man die Endothelspin¬
deln in ihrem mittleren Theile sich beträchtlich verdicken, so dass sie
dann weit in das Lumen prominirende Bäuche besitzen. Trifft diese Ver¬
änderung gegenüberstehende Spindeln, so kann dadurch das Lumen so
verengt werden, dass Blutkörperchen in dem Engpässe wie eingeklemmt
festgebalten werden. Die Verdickung der Spindeln kann wieder ver¬
schwinden, um bei erneuter Wirkung der berührten Einflüsse wieder her¬
vorzutreten. Auf diese Veränderung der Spindeln haben Golubew1 und
Tarchanoff2 die zuerst von Stricker3 beobachtete Verengerung des Lu¬
mens der Capillargefässe in Folge von electrischen Schlägen und chemi¬
schen Agentien zurückgeführt. Ob und inwieweit diese als Contractilität
bezeichnete Veränderlichkeit der Capillarwand während der normalen Le¬
bensvorgänge eine Rolle spielt, ist noch nicht näher aufgeklärt.
Von den Nerven aus werden die Capillaren nur indirect beeinflusst.
So erweitern sie sich z. B. beträchtlich nach der Durchschneidung der
vasomorischen Nerven oder auf Reizung der gefässerweiternden Nerven in
Folge der vermehrten Blutzufuhr.
Wir haben damit zugleich auf den wichtigsten Factor hinge¬
wiesen, welcher auf die Weite der Capillaren im Leben bestimmend
wirkt, nämlich auf die Blutmenge, welche in Folge der besonderen
Verhältnisse des Blutstromes in dieselben eingetrieben wird. Von
der Blutmenge, von der Elasticität und Dehnbarkeit der Capillar¬
wand und von der Spannung im umgebenden Gewebe ist die Weite
des Rohres im gegebenen Falle abhängig und darum während des
Lebens begreiflicher Weise mannigfachem Wechsel unterworfen.
X. Der Austritt toii weissen und rotlien Blutkörperchen
durch die Gefässwand (Diapedesis).
Bei der Beobachtung des Kreislaufes unter dem Microscope kann
man schon unter ganz normalen Verhältnissen sehen, dass weisse Blut¬
körperchen, welche durch längere Zeit an der Wand der Gefässe
ruhig liegen blieben, endlich ihre Masse in Form eines dünnen Fort¬
satzes durch die Wand hindurchschieben. Die Spitze des nach aussen
gelangten Theiles schwillt dann bald zu einem kleinen Knöspchen
an, welches langsam immer weiter wächst, während die an der in¬
neren Seite der Wand liegende Masse in demselben Verhältnisse
1 Golubew, Arch. f. microsc. Anat. V. S. 48. 1869.
2 Tarchanoff, Arch. f. d. ges. Physiol. IX. S. 407. 1874.
3 Stricker, Sitzgsber. d. Wiener Acad. Math.-natunv. Kl. LI. (2) S. 16. 1865;
LII. (2) S. 379. 1866; LXXIV. (3) S. 313. 1877.