Contin. Fliessen in d. Capill., Capillarpuls, Blutlauf n. Aufhören d. Herzthätigk. 317
Sympathieus und Reizung des Ram. lingualis n. trig., wodurch die arte¬
riellen Gefässbahnen der Unterkieferspeiclieldrüse im Maximum erweitert
werden, das Blut noch pulsirend aus der Drüsenvene strömen. Sehr aufge¬
regte Herzthätigkeit, z. B. in Folge rascher Körperbewegungen, oder Herz¬
hypertrophie und gleichzeitige Arterienerweiterung, führen zum Auftreten
von Capillarpuls. Quincke1 beobachtete in einer an den Fingernägeln
im dritten Viertel von hinten bei den meisten Menschen vorkommenden
blässeren Zone schon im normalen Zustande, namentlich aber bei geringer
Compression oder Erhebung des Armes eine systolische Verkleinerung
durch Verrücken der daranstossenden rothen Partien; ausgeprägter fand
er das Phänomen bei Insufficienz der Aortenklappen. Einen durch die
Capillaren bis in die Venen sich fortpflanzenden Puls sah er bei grosser
Hitze an seinen geschwollenen Handvenen, an den Handvenen einer Frau,
die eine geringe Hypertrophie des linken Ventrikels zu haben schien,
und bei einem Manne mit Wirbelfractur und Quetschung des Halsmarkes,
bei dem also wahrscheinlich eine vasomotorische Lähmung vorhanden war.
VI. Fortdauer der Blutbewegimg in den Capillaren nach
Aufhebung der Herzthätigkeit.
Die Bewegung des Blutes in den Capillaren hört nicht sofort
auf, wenn die Thätigkeit des Herzens durch Unterbindung desselben
oder durch Reizung der N. vagi unterbrochen wird. Man sieht viel¬
mehr unter dem Microscope die Strömung in den Capillaren noch
einige Zeit (eine halbe Stunde und länger) fortdauern und endlich
mit immer mehr abnehmender Geschwindigkeit zur Ruhe kommen.
Diese Erscheinung, welche in früherer Zeit mehrfach als Beweis einer
vom Herzen unabhängigen Triebkraft des Blutes angesehen wurde,
ist nach unseren S. 223 angestellten Betrachtungen nichts anderes,
als der Strom, welcher zum Ausgleich der durch die vorausgegangene
Herzthätigkeit erzeugten Druckdifferenz zwischen Arterien und Venen
führt2.
VII. Geschwindigkeit der Blutbewegung in den Capillaren.
Die Geschwindigkeit, mit welcher die rothen Blutkörperchen sich
durch die Capillaren bewegen, kann unter dem Microscop gemessen
werden.
Hales hat in seiner Hämostatik zuerst versucht, bestimmte Weg¬
längen der Blutkörper mittelst einer Uhr, die 16000 Schläge in der Stunde
1 Quincke, Berl. klin. Woch. 1868.
2 Vgl. Poiseutlle a. a. O.; Journ. univers, deméd. XII. p. 365. — Volkmann.
Hämodynamik. S. 331. Leipzig 1850 — E. H. Weber, Arch. f. Anat. u. Physiol. 185L