308 Rollett, Physiologie der Blutbewegung. 5. Cap. Der Blutstrom in den Arterien.
dem meist eine Abnahme und erst wenn die Binde über das Knie
heraufreichte eine Zunahme. Dass die Binde mechanisch durch Ver¬
drängen des Blutes keine Zunahme bedingen würde, hatte man nach
den Transfusionsversuchen (s. oben S. 246) zu erwarten. Die Abnahme
ist möglicher Weise bedingt, wie die Abnahme, die Mosso nach Rei¬
zung der Haut beobachtete durch Contraction der Hautgefässe. Die
Zunahme tritt ein, wenn die Binde den Nervus saphenus mechanisch
erregt und ist dann die Folge nicht der Verdrängung des Blutes, son¬
dern der auf sensible Reizung reflectorisch erfolgenden vasomotorischen
Verengerung der Gefässe mächtiger Gebiete (Bauchgefässe). Dass
diese Erklärung richtig ist, ergiebt sich daraus, dass die Volumver¬
mehrung auch auftritt, wenn die Gegend des Nervus saphenus allein
umschnürt oder der Nerv der Digitalcompression ausgesetzt wird.
Druck auf die erschlafften Bauchdecken bewirkt Zunahme des
Armvolumen, Druck auf die gespannten Bauchdecken Abnahme. Im
letzteren Falle werden nicht blos die Därme, sondern auch die Cava
infer, und Vena port, zusammengedrückt, was Beschränkung der Blut¬
zufuhr zum rechten Herzen bedingt. Die Bauchpresse wirkt durch Ver¬
kleinerung des Bauchraumes vermehrend auf das Armvolumen. Be¬
wegungen der Extremitäten, welche den Bauchraum ändern (Schatz1),
wirken je nach der Richtung dieser Aenderung in entgegengesetzter
Weise auf das Armvolumen (Basch2).
Im Schlafe nimmt das Armvolumen ab. Basch vermuthet wegen
des überwiegenden Einflusses, welchen die Herabsetzung der Erregung
des vasomotorischen Centrums auf die Bauchgefässe ausübt, in wel¬
chen sich dann das Blut anhäuft. Geistige Anstrengung sollte nach
Mosso das Armvolumen immer beträchtlich herabsetzen, Basch findet
dagegen den Einfluss geistiger Anstrengung nur ganz inconstant.
Ueber eine Schätzung der mit einer Herzsystole entleerten Blutmenge,
die Fick3 anstellte mit Zuhilfenahme der bei der Systole aus dem Plethys¬
mographen verdrängten Wassermenge, der von Chauveau gefundenen mitt¬
leren Geschwindigkeit in der Carotis des Pferdes, und der Puls- und Ge-
schwindigkeitscurve in den Arterien siehe denselben. Sie führte zu den
von Volkmann’s und Vierordt’s Schätzungen (oben S. 305) sehr abwei¬
chenden niedrigeren Zahlen von 62 bis 94 Ccm.
1 Schatz, Die Druckverhältnisse im Unterleib des nicht belasteten u. d. Bauch¬
presse nicht willkürlich anstrengenden Menschen. Leipzig 1872.
2 Basch, Wiener med. Jahrb. 1876. S. 431.
3 Fick, Unters, a. d. physiol. Lab. d. Zürich. Hochschule. 1869. S. 51.