Geschwindigkeit in d. Art. carotis ; Wechsel derselb. bei d. Systole u. Diastole. 305
Aus den entwickelten Gründen erklärt sich Dogiel auch ausser Stande,
die Blutmenge anzugeben, welche in der Zeiteinheit durch die Aorta fliesst,
während man früher unter Voraussetzung der Constanz des Verhältnisses
der Mächtigkeit der einzelnen Stromarme, welche aus der Aorta hervor¬
gehen, aus der Stromgeschwindigkeit in der Carotis und dem Lumen der
Carotis, Subclavia, Anonyma und Aorta die Blutmenge zu berechnen suchte,
welche während der Dauer einer Systole aus dem Herzen entleert wird
(Volkmann, Vierordt). Dabei wurde man auf verhältnissmässig hohe Zahlen
geführt. Nach Volkmann1 beträgt die mit einer Systole beim Menschen
entleerte Blutmenge 188 Grm., nach Vierordt2 17 2 Ccm. = 180 Grm.
Die mit der Systole und Diastole einhergehenden Schwankungen der
Geschwindigkeit bestimmte Vierordt3 beim Hunde in der Art. carotis
und cruralis. Die Geschwindigkeit betrug in der Carotis zu Ende der
Diastole 215 Mm. in der Secunde, zu Ende der Systole 297 Mm., in der
Cruralis zu Ende der Diastole 140 Mm., zu Ende der Systole 239 Mm.
Chauveau, Bertolus & Laroyenne4 fanden in der Carotis des Pferdes
wärend der Systole 250 Mm., während der dicroten Hebung 220 Mm.,
am Ende der Diastole des Herzens 150 Mm. in der Secunde.
Eine gleichzeitig mit der Pulscurve in
der Carotis mittelst des Hämodromogra-
phen von Lortet5 7 erhaltene Geschwindig-
keitscurve zeigt Fig. 43 (Fdie Geschwin-
digkeitscurve, O die Abscisse derselben,
P Pulscurve der Carotis 12 3 4 sollen die
gleichzeitigen Puncte beider Curven mar-
kiren). Aus derselben ist zu entnehmen,
dass die Geschwindigkeit nicht nur mit
der primären Welle eine Schwankung er¬
fährt, sondern dass auch secundäre Schwan¬
kungen während eines Herzschlages vor¬
handen sind, von denen eine der ersten
Schliessungswelle zu entsprechen scheint.
Merkwürdig ist, dass die Geschwindigkeits-
curve unter o abfällt. Dieser Punct und
der genaue zeitliche Zusammenfall beider Curven müssten aber in Hin¬
blick auf die Erklärungen, welche Moens von der Klappenschlusszacke
und den secundären Hebungen der Pulscurve gegeben hat, noch recht
angelegentlich untersucht werden, um die Einwürfe0 gegen deren Deutung
zu beseitigen.
Ueber eine bei gewissen Versuchen brauchbare Methode der Bestim¬
mung der Geschwindigkeit des Blutstromes aus der Ausflussmenge eines
angeschnittenen Gefässes siehe Slaviansky".
1 Volkmann a. a. O. S. 209.
2 Vierordt a. a. O. S. 104; Arch. f. d. ges. Physiol. IL S. 178. 1S69.
3 Vierordt, Erschein, u. Gesetze etc. S. 144. 203. 206.
4 Chauveau, Bertolus u. Laroyenne a. a. O. S. 705.
5 Lortet a. a. O.; vgl. Marey, Le mouv. dans les fonct. de la vie. p. 161. Paris
1868 ; Méthod. graph, p. 377. Paris 1878.
6 Vierordt, Arch. f. d. ges. Physiol. II. S. 178. 1869.
7 Slaviansky, Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. XXV. S. 665. 1873.
Handbuch der Physiologie. Bd. IV. 20