254 Rollett, Physiologie der Blutbewegung. 3. Cap. Der Blutstrom in d. Arterien.
gungen wird später gehandelt werden. Die Abhängigkeit vom Blut¬
druck ygl. oben S. 247. Ueber die Art und Weise, wie die Vorgänge
im Nervensystem, von welchen die Aenderungen der Pulsfrequenz in
allen Fällen bedingt ist, eingreifen, s. die Lehre von der Innervation
des Herzens und der Gefässe.
2. In Bezug auf die Grösse unterscheidet man einen grossen (Pulsus
magnus) und kleinen Puls (Pulsus parvus). Ein grosser Puls ist der¬
jenige, bei welchem die Excursion, welche die Arterie unter dem auf¬
gelegten Finger macht, gross ist, ein kleiner, bei welchem diese Ex¬
cursion klein ist.
Die Grösse des Pulsus ist ein Ausdruck für die grössere oder
geringere Blutmenge, welche bei einer Systole aus dem Ventrikel
entleert wird.
Es ist hier zu erinnern, dass die Arterien sowohl der Quere als
der Länge nach gedehnt werden (Poiseuille \ E. H. Weber1 2 3, Volk¬
mann :i). Die Längendehnung kann aber die Arterie nicht über die
Grenzen, welche ihr durch die Einlagerung und Befestigung im Ge¬
webe angewiesen sind, hinausführen und das ist der Grund warum
die Verlängerung der Arterien zur Folge hat, dass sich dieselben bei
der Systole entsprechend der mehr oder weniger nachgiebigen Ver¬
bindung mit der Umgebung in ihrem Verlaufe etwas schlängeln oder
schon vorhandene Schlängelungen stärker hervortreten lassen.
Man hat häufig Gelegenheit an blossliegenden aber nicht völlig
isolirten Arterien diesen Vorgang zu beobachten. Der Eindruck,
welchen der aufgelegte Finger empfängt, wird aber mit durch diese
Locomotion bedingt, Sie ist grösser bei grossem, kleiner bei klei¬
nem Puls.
3. In Bezug auf die Schnelligkeit, unterscheidet man den schnel¬
len (Pulsus celer) und trägen Puls (Pulsus tardus). Unter ersterem
versteht man einen Puls, bei welchem die Arterie rasch gegen den
Finger andringt, ein träger Puls ist jener, bei welchem das weniger
rasch geschieht. Hält man diese Definition fest, dann ist die Schnel¬
ligkeit des Pulses ein Ausdruck für die Zeit, während welcher sich
die systolische Umformung des Ventrikels vollendet. Es betrifft also
diese Pulsqualität die Form der Pulswelle, für diese ist aber der
tastende Finger ein verhältnissmässig unvollkommenes Prüfungsmittel.
4. In Bezug auf die Härte des Pulses unterscheidet man einen
harten (Pulsus durus) und weichen Puls (Pulsus mollis). Unter dem
1 Poiseuille, Magendie’s Journ. d. physiol, expér. et pathol. IX. p. 44. 1829.
2 E. H. Weber. Handb. d. Anat. III. S. 65. Braunschweig 1831.
3 Volkmann, Hämodynamik. S. 417. 1850.