Volltext: Erster Theil: Blut und Blutbewegung (4)

228 Rollett, Physiologie der Blutbewegung. 3. Cap. Der Blutstrom in d. Arterien. 
Donders 1 und Gunning an der Carotis der Kuh vorgenommenen Messun¬ 
gen von Inhalt und Länge bei verschiedenem Druck ebenfalls die Zunahme 
des Elasticitätscoefficienten mit der Steigerung des Druckes ergeben. 
In Versuchen, die Volkmann1 2 anstellte, ertrug die Carotis eines 
Hammels ohne zu zerreissen einen Druck von 2.25 Meter Hg, ungefähr 
das 14fache des gewöhnlich in der Carotis herrschenden Blutdruckes, die 
Carotis vom Ochsen einen Druck von 2.23 Meter Hg. 
Was die Verzweigung der Arterien betrifft, so findet diese unter 
sehr verschiedenen Winkeln statt. Roux3 hat über Richtung und Gestalt 
der Astursprünge eine Reihe bemerkenswerther Regeln aufgestellt und auf 
die merkwürdige Thatsache hingewiesen, dass häufig in der Richtung und 
Gestalt der Astursprünge noch die contrahirte Form und die Richtung 
eines Strahles zu entdecken ist, den man bei freiem Aussprung durch 
ein Loch in der Wand des Stammes erhalten würde, was auf die Wirkung 
hydrodynamischer Gesetze bei der Astbildung hinweist. 
Anastomosen kommen zwischen grösseren Arterienzweigen nur ver¬ 
einzelt, in der Nähe der Capillaren aber zahlreicher vor. 
Die Summe der Querschnitte der Aeste ist immer grösser als der 
Querschnitt des Stammes. Die einzige Ausnahme hiervon macht in der 
Mehrzahl der Fälle die Theilung der Aort. desc. in die A. iliac, com., 
deren Querschnittsumme kleiner ist als der Querschnitt der Aorta desc. 
vor der Theilung (Paget4, Donders & Jansen5, Folmer6). Der Gesammt- 
querschnitt der arteriellen Gefässbalm wird also gegen die Capillaren 
hin immer grösser, man kann dieselbe auf das Schema eines abgestutzten 
Kegels bringen, dessen Basis gegen die Capillaren sieht, dessen abge¬ 
stutzte Spitze dem Querschnitt der Aorta entspricht. 
Die Messung der Durchmesser der Arterien an der Leiche kann nur 
ein beiläufiges Bild über die Verhältnisse der arteriellen Gefässbahn geben. 
Im Leben ist der Durchmesser der Ausdruck für einen temporären Gleich¬ 
gewichtszustand, in welchem sich Spannung des Inhaltes und elastische 
und contractile Kräfte der Wand befinden. 
Ein Verfahren, die Durchmesser der Arterien, wenigstens einzelner, 
im lebenden Organismus zu messen, haben Vierordt & Aberle7 ange¬ 
geben. Im menschlichen Leichenherzen nimmt man für die Aorta beim 
Ursprung aus dem Herzen im Mittel 28 Mm. Durchmesser an, für die 
Aorta desc. vor der Theilung in die Iliacae 20 Mm., für die Anonyma 13.5, 
die Iliaca com. 11.5 Mm.8 
1 Donders. Physiol, d. Menschen. S. 111. Leipzig 1859. 
2 Volkmann, Hämodynamik. S. 289. Leipzig 1850. Aeltere Versuche dieser 
Art bei Wintringham, An exper. inquiry on sam. parts of the anim. struct. London 
1740. — J. Davy, Physiol, and anat. research. I. p. 441. London 1839. 
3 Roux, Ueber die Verzweigung der Blutgefässe. Naumburg a. S. ohne Jahres¬ 
zahl (1878). 
4 Paget, London. Med. Gaz. s. 2. II. p. 55. 1842. 
5 Donders, Physiol, d. Menschen. S. 105. Leipzig 1859. (Die Arbeit selbst nicht 
besonders veröffentlicht.) 
6 Folmer, Diss. de nexu int. art. truncos et ram. exorient. Groningae 1855. 
7 Aberle, Mess. d. Arteriendurchmessers. Tüb. 1856; Arch. f. physiol. Heilk. 
XV. S. 573. 1856. — Vierordt, Lehre vom Arterienpuls. S. 154. Braunschweig 1855. 
8 Henle, Gefässlehre d. Handbuchs d. syst. Anat. 2. Aufl. III. (1) S. 71. Braun¬ 
schweig 1876.
	        
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