204 Rollett, Physiologie der Blutbewegung. 2. Cap. Hydraulische Einleitung etc.
zeichnet. Früher fanden wir für die empirische Ausflussgeschwindigkeit
aus einer cylindrischen Röhre in der Zeiteinheit
A
und wir können aus der obigen Gleichung durch Einführung des Be-
griffes der mittleren Geschwindigkeit v noch die folgenden Ausdrücke für
das Gesetz von Poiseuille ableiten
und
y 2
V
Beziehungen zwischen Druckhöhe und Geschwindigkeit, welche Hagen1
auffand, Hessen schon auf eine Giltigkeit des Gesetzes von Poiseuille
auch für weitere Röhren schliessen und Jacobson2 zeigte in der That,
dass für Röhren, welche die von Poiseuille gebrauchten bis über fünf¬
mal im Durchmesser übertreffen, zwischen der Druckhöhe am Anfänge
der Röhre und der Stromgeschwindigkeit eine Beziehung besteht, die völlig
dem Gesetz von Poiseuille entspricht. Nach diesem letzteren ist nun
die Geschwindigkeit proportional dem Quadrate des Radius. Es kann
sich also die Flüssigkeit nicht wie ein fester Körper, dessen Theilchen
gleiche Geschwindigkeit besitzen und der nur an seiner Berührungsfläche
mit der Wand eine Reibung erfährt durch die Röhre bewegen, denn unter
dieser Annahme gelangten die Hydrauliker3 zu der Formel
welche von der Poiseuille’s darin abweicht, dass in der letzteren r - statt
r erscheint.
In dieser Beziehung wies aber Poiseuille4 5 und die zur Prüfung sei¬
ner Arbeit eingesetzte Commission6 auf die den Beobachtungen über den
Blutlauf in den Capillargefässen entnommene Thatsache (s. unten) hin,
dass die Geschwindigkeit der Flüssigkeitstheilchen nicht an allen Punk¬
ten desselben Querschnittes dieselbe ist, sondern dass sie in der Axe
grösser ist als gegen die Wand hin und an der Wand selbst vielleicht
Null oder wenigstens sehr klein ist. Erst später wurde das Gesetz von
Poiseuille theoretisch entwickelt mit Rücksicht auf die besonderen Vor¬
gänge der Reibung tropfbarer Flüssigkeiten.
Bewegt sich eine Flüssigkeit an einem festen Körper vorüber, so
wird sie verzögert durch die Wirkung, welche die Körper aufeinander
ausüben zufolge der molekularen Kräfte, welche zwischen denselben thätig
sind (man erinnere sich an die Capillaritätsersclieinungen). Die Fliissig-
1 Hagen, Abh. d. Berliner Acad. Math. Abb. 1854. S. 17; Vergl. auch Ann. d.
Physik. XLVI. S. 423. 1839.
2 Jacobson, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1860. S. 80.
3 Vergl. Gieabd, Memoir. del’Instit. 1813—1816. 1818. 4. p. 189.
4 Poiseuille a. a. 0.
5 Abago etc. a. a. 0.