Hebelbewegung des Herzens. Herzstosstheorien.
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gegen gesetzte Bewegung deutlich erkennen lasse (vgl. das oben S. 185
Gesagte); dass aus dem immer deutlichen Herabrüeken der Herzbasis
(vgl. S. 185 oben) auf ein Herabrücken des ganzen Herzens und damit
auch der Spitze in unzutreffender Weise geschlossen wurde.
Es würde zu weit führen, hier alle verschiedenen Herzstosstheorien
eingehend zu besprechen, nur über die wichtigsten können einige Worte
Platz finden.
Nach der Riickstosstheorie von Gutbrod & Scoda1 ist der Herzstoss
bedingt durch dieselbe Ursache, welche das Zurückfahren einer abgeschos¬
senen Kanone oder die Bewegung des SEGNER’schen oder Reactionsrades
bedingt. Ein der Ausflussöffnung gegenüber liegendes ihr gleiches Areal
der Wand wird von einem Druck getroffen, welcher durch keinen ihm
gleichen Gegendruck aufgehoben wird, darum die Bewegung des Be¬
hälters in einer dem Ausfluss entgegengesetzten Richtung. Dass die
Bedingungen des Rtickstosses beim Herzen vorhanden sind, ist sicher.
Hiffelsheim'2 hat Rtickstosserscheinungen beim Ausfluss aus prall ge¬
füllten Kautschukballons auf das Schönste demonstrirt. Allein beim Her¬
zen wird es wesentlich darauf ankommen, welcher Wandtheil des rechten
und linken Ventrikels und in welcher Richtung er von dem Rtickstoss
getroffen wird (Jahn3, Feuerbach4), und ob der Riickstoss zu einer Loco¬
motion des Herzens im obigen Sinne wirklich führt. Vor allem müsste
aber nach Aufhebung der Blutzufuhr zum Herzen, womit der Rückstoss
aufgehoben wird, auch der Herzstoss verschwunden sein. Das letztere ist
nicht der Fall. Chauveau5 erhielt den Herzstoss auch nach Unterbindung
der Gefässe, und seine Angabe wurde den entgegengesetzten von Hiffels-
heim6, Gutthann7 und Jahn8 gegenüber neu bestätigt von Rosenstein9.
Durch die letzteren Versuche ist auch zugleich eine andere von Senac40
aufgestellte neuerlich von Bahr11 und Aufrecht12 vertlieidigte Theorie
widerlegt, wonach der Herzstoss bedingt sein soll durch das Herabrücken
des Herzens in Folge der Streckung, welche die grossen Gefässe durch
den Bluteintritt erleiden.
Endlich trifft derselbe Einwurf auch die Theorie von Kornitzer13,
welcher aus dem spiraligen Verlauf der Aorta und Pulmonalarterie um
einander die Rotationsbewegung des Herzens und aus derselben den Herz¬
stoss zu erklären sucht. Bei der Verlängerung der Gefässe im Moment
1 Scoda, Abhandl. üb. Auskult, u. Perkuss. Wien 1839 ; 5. Aufl. Wien 1854.
2 Hiffelsheim, Comp. rend. XXXIX. p. 1048. 1854; XLI. p. 255. 1855; XLIII.
p. 715. 1856.
3 Jahn, Ueber Fiss. stern, congen. über d. Herzbew. u. insbes. den Herzstoss.
Erlangen 1874.
4 Feuerbach, Arch. f. d. ges. Physiol. XIV. S. 131. 1877.
5 Chauveau, Compt. rend. XLV. p. 371. 1857.
6 Hiffelsheim, Ebenda. XLIII. p. 517. 1857.
7 Guttmann, Arch. f. pathol. Anat. LXV. S. 537. 1875.
8 Jahn a. a. 0.
9 Rosenstein, Arch. f. klin. Med. XXIII. S. 75. 1878.
10 Senac, Traité de la structure du coeur. I. p. 356. Paris 1777.
11 Bahr) Arch. f. pathol. Anat. XXIII. S. 595. 1861.
12 Aufrecht, Arch. f. klin. Med. XIX. S. 567. 1877'.
13 Kornitzer, Sitzgsber. d. Wiener Acad. XXIV. S. 121. 1857.