Systolische Erhärtung, diastolische u. systolische Form des Herzens. 185
hinten liegt und kürzer ist als der Durchmesser der kreisförmigen
Basis des contrahirten Herzens (Ludwig 1).
Am ausgeschnittenen Herzen lässt sich die Abhängigkeit der Form
des erschlafften Herzens von der Schwere und die von äusseren Kräften
unabhängige bestimmte Gleichgewichtsfigur des contrahirten Herzens durch
die folgenden Versuche leicht demonstriren. Man lege das Herz (sehr
gut eignen sich hierzu Schildkrötenherzen) mit seiner hinteren Fläche
auf eine Glasplatte; im Zustande der Diastole liegt es dann, wie ein
flacher Kuchen auf der Glasplatte, bei der Contraction dagegen wird die
Basis rund und hebt sich die Spitze von der Glasplatte ab ; stellt man
darauf das Herz auf die Basis, so liegt es auch jetzt während der Dia¬
stole wie ein flacher Kuchen da, bei der Systole dagegen verkleinert
sich die Basis und die Spitze steigt aus der Masse des Herzens empor,
legt man den Finger auf, so nimmt man den Spitzenstoss des ausge¬
schnittenen Herzens sehr deutlich wahr. Hängt man nun das Herz an
den Vorhöfen auf, so hängt es während der Diastole wie ein schlaffer
Beutel herunter, während der Systole wird die Basis wieder rund, die
herabhängende Herzspitze bewegt sich auch jetzt nach aufwärts, sie
nähert sich aber dabei der Basis an, während sich im früheren Versuche
die Spitze von der Basis entfernte.
Legt man auch im letzten Versuche den Finger an die Spitze an,
so nimmt man auch jetzt den Spitzenstoss des ausgeschnittenen Herzens
wahr. Das ist aber nur so lange der Fall, als der angelegte Finger die
Spitze empordrückt. Legt man den Finger dagegen nur eben in der
Höhe an, bis zu welcher die Spitze des diastolischen Herzens herabhängt,
dann sieht man bei der Systole die Spitze vom Finger sich entfernen
und nimmt keinen Stoss wahr. Beim ersten Versuche stehen Gesichts¬
und Tastwahrnehmung scheinbar im Widerspruche; der letztere Versuch
klärt diesen Widerspruch vollständig auf.
Aehnliche Versuche wie mit dem Schildkrötenherzen lassen sich auch
mit jedem frisch ausgeschnittenen Säugerherzen (Ludwig anstellen, nur
fordern diese rasches Arbeiten.
Auch das noch im Organismus befindliche Herz nimmt während
der Systole die beschriebene Form an, wie aus älteren und neue¬
ren Untersuchungen hervorgeht, worüber die Messungen von Ludwig2
nachzusehen und die Beobachtungen von Chauveau & Faivre3 und
die zahlreichen Versuche und Beobachtungen der englischen Com¬
missionen zu vergleichen sind.4
Die besonderen Bedingungen, welche die Lage des Herzens im
Brustraum ergeben: die Befestigung des Herzens an den grossen Ge-
fässen und im Herzbeutel haben zur Folge, dass die Erscheinung des
Spitzenstosses sich noch in ganz besondererWeise geltend machen muss.
1 Ludwig, Ztschr. f. rat. Med. VII. S. 189. 1848. 2 Derselbe a. a. 0.
3 Chauveau et Faivre, Gaz. méd. 1856. p. 365 u. fg.
4 Report of the Brit. Assoc, p. 456. Cambridge 1833 (Carlisle); p. 244 u. fg. Du¬
blin 1835 ; p. 204. Glasgow 1841.