142
Roulett, Physiologie des Blutes. 11. Cap. Bluttransfusion.
Die ersten Versuche bestanden in directem Ueberleiten des Blutes
aus einem Organismus in die Gefässe des anderen. Später fand sich
aber, dass mit defibrinirtem Blute ebenfalls günstige Erfolge erzielt
werden können (Prévost & Dumas1, Diefenbach2), ja es wurde
der letzteren Methode, welche die Gefahren vermeide, welche die
Ausscheidung von Fibrin bei der directen Ueberleitung mit sich zu
bringen pflegt, sogar das Wort geredet (Joh. Müller3, Bischoff4,
Panum5). Dagegen war aber andererseits hervorgehoben worden, dass
gerade das Fehlen des Faserstoffes im Transfusionsblute zu serösen
und blutigen Ausschwitzungen in Lungen und Darm Veranlassung gebe
(Magendie6 8) und auch später wurde die directe Transfusion verthei-
digt (Mittler")- Wieder von anderer Seite sprach man sich endlich
dafür aus, dass directe Transfusion und solche von defibrinirtem Blute
gleich unschädlich seien (PonfickV, Worm-Müller9).
Wir wissen heute, dass defibrinirtes Blut nicht blos kein Fibrin
enthält, sondern dass in demselben auch Substanzen enthalten sind,
welche im circulirenden Blute fehlen und erst bei der Fibrinbildung
entstehen: das Fibrinferment und das Serumglobulin. Es wird sich
darum fragen, wie diese Substanzen im Blute des empfangenden
Thieres sich verhalten. Injectionen reiner Fibrinfermentlösungen wur¬
den ohne besondere Folgeerscheinungen vertragen (Jakowitzki 1 °,
Köhler11) und das Ferment schwand nach einiger Zeit wieder aus
dem Blute. Dieses negative Resultat veranlasste im Hinblicke auf
A. Schmidt’s Gerinnungslehre zu der Vermuthung, dass die Wirkungs¬
losigkeit der Fermentlösung auf dem Mangel des Serumglobulin im
circulirenden Blute zurückzuführen sei. In der That wurden - nun
ganz andere Beobachtungen gemacht, als frisch aus dem Blutkuchen
gepresstes defibrinirtes Blut transfundirt wurde. Darnach wurden
Gerinnungen im rechten Vorhofe des Empfängers, in den Lungen¬
arterien und in den Körpervenen bei noch klopfendem Herzen be¬
obachtet, deren Entstehen durch eingeführte Fremdkörper oder durch
1 Prévost et Dumas, Bibliothècpie univers, d. Genève. XVII. p. 215. 1821 ; Ann.
de chim. etphys. XVIII. p. 294. 1821.
2 Diefenbach, Die Transfusion des Blutes. Berlin 1828.
3 Joh. Müller, Handb. d. Physiol. I. S. 137. Coblenz 1835.
4 Bischoff, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1835. S. 347.
5 Panum, Arch. f. pathol. Anat. XXVII. S. 240 u. 433. 1863; LXIII. S. 1. 1875.
6 Magendie, Leçons sur le sang. Paris 1838.
7 Mittler a. a. O.
8 Ponfick, Arch. f. pathol. Anat. LXII. S. 273. 1874.
9 Worm-Müller, Transfusion und Plethora. S. 64. Christiania 1875.
10 Jakowitzki, Zur physiol. Wirkung d. Bluttransfusion. S. 28. Dorpat 1875..
11 Köhler, Ueber Thrombose u. Transfusion etc. und deren Bezieh, zum Fibrm-
ferment. S. 2. Dorpat 1877.