10 Rollett. Physiologie des Blutes. 2. Cap. Die rothen Blutkörperchen.
clien von microscopischer Kleinheit sind, wodurch das Blut für das
blosse Auge das Ansehen einer homogenen Flüssigkeit erhält.
Man bezeichnet die eben beschriebene Zusammensetzung aus
Flüssigkeit und darin fein vertheilten selbstständig gestalteten Kör¬
perchen zweckmässig als Suspensionsflüssigkeit.
Beim ruhigen Stehen schichten sich solche Flüssigkeiten um so
rascher, je grösser die Differenz der specifischen Gewichte der Flüs¬
sigkeit und der suspendirten Theilchen ist. Aus der früher bespro¬
chenen Schichtung des Blutes ergiebt sich, dass die rothen Blut¬
körperchen speciflsch schwerer sind als das Plasma. Das specifische
Gewicht des Gesammtblutes wird nicht blos bei der Bestimmung mit
der Waage von den Körperchen beeinflusst, sondern die Körperchen
beeinflussen in gleicher Weise auch den Auftrieb (Bondy1, Mach2,
Schklarewsky3). Das hat einen zweifachen Grund ; die suspendirten
Theilchen haben fortwährend das Bestreben zu fallen, und dort, wo
sie angehäuft sind, wirkt ihre vermehrte Oberfläche auch stärker
verdichtend auf die umgebende Flüssigkeit. Wir werden später von
diesen Sätzen eine Anwendung machen.
I. Morphologische Bedeutung, Erscheinungsweise, Bau der
rothen Blutkörperchen.
a) Die rothen Blutkörperchen (Blutzellen, Blutscheiben) sind ei¬
genartig differenzirte Zellen, sie unterscheiden sich eben so wohl
von dem Protoplasma junger oder indifferenter Zellen, wie auch von
anderen speciflsch entwickelten Zellen durch eine Reihe besonderer
und eigenthümlicher Charaktere (Rollett4). Sie sind die Träger
des rothen Blutfarbestoffes, von welchem sich weder im Plasma noch
in den weissen Blutkörperchen etwas vorfindet.
Ihre Gestalt ist die einer kreisförmigen Scheibe, deren Rand
abgerundet ist, deren beide Grundflächen in ihrer Mitte einen seich¬
ten napfförmigen Eindruck besitzen. Ein körperliches Modell eines
Blutkörperchens kann man sich durch Umdrehung der Curve crC um
die Axe a b entstanden vorstellen. Die Oberfläche der Blutkörperchen
ist vollkommen glatt. Bringt man in einem in der gewöhnlichen
Weise für die microscopische Beobachtung einer kleinen Hautwunde
1 Bondy, Sitzgsber. d. Wiener Acad. 2. Abth. LI. S. 331. 1865.
2 Mach, Ann. d. Physik 1865. S. 324.
3 Schklarewsky, Arch. f. d. ges. Physiol. I. S. 657. 1868.
4 Rollett. Unters, a. d. Inst. f. Physiol, u.Histol. in Graz. 2. Heft. S. 133. Leip¬
zig 1870; Handb. d. Lehre v.d. Geweben, herausgeg.v. Stricker. I.S. 271 u. 278. Leip¬
zig 1869.