Volltext: Ueber die Abhängigkeit der Erregungs-Vorgänge von dem zeitlichen Verlaufe der zur Reizung dienenden Elektricitäts-Bewegungen

370 
v. Kries: 
Interesse, über die Dauer der einzelnen Schwankung bei physiologischer In¬ 
nervation etwas zu ermitteln. Es gelang dies ganz von selbst bei Wieder¬ 
holung der Lovén’schen Versuche über den Strychnintetanus. An einem 
enthirnten Frosch wird der Semimembranosus und Gracilis mit thermi¬ 
schem Querschnitt und mit Ableitungselektroden versehen, und sodann eine 
kleine Dosis Strychnin in die Lymphsäcke eingespritzt. Im Beginn der 
Strychninwirkung erhält man nun bei mechanischer Reizung sehr mannieh- 
faltige Bilder der Bewegung im Capillarelektrometer, indem die einzelnen 
Innervationsanstösse sich in kleinerer oder grösserer Zahl combiniren. Eine 
sehr häufige Erscheinung aber bilden einzelne Ausschläge, welche keiner¬ 
lei Discontinuität oder Intermittenz erkennen lassen, und welche relativ 
langsam verlaufen, so dass man sie auf den ersten Blick von den durch 
elektrische Momentanreize hervorgerufenen Einzelschwankungen unterschei¬ 
den kann. Ich schätze ihre Dauer auf 1/3 Secunde. Was den Tetanus 
anlangt, so bemerkt man bei den mässig lange andauernden Anfällen im 
Anfang die grösste Frequenz der Oscillation, welche 8 bis 9 per Secunde 
nicht überschreitet. Gegen Ende des Anfalls werden die Oseillationen lang¬ 
samer und hören in der Regel mit einem Rhythmus von 3 bis 4 in der 
Secunde auf. Da auch hierbei keine Auflösung der Contraction in 
einzelne Zuckungen, sondern ein langsames Nachlassen zu beobachten ist, 
so erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass die Dauer des physiologischen 
Reizanstosses 1/3 Secunde erreichen kann. Ganz ähnliche Ausschläge von 
einfachem, aber gestrecktem Verlauf (ca. 1/3 Secunde) erhielt ich auch am 
unvergifteten Frosch bei Reizung des Rückenmarkes mittels einzelner In- 
ductionsschläge. Da man hierbei bekanntlich durch Stromschleifen sehr 
leicht die vorderen Wurzeln direct reizen bann, so sieht man häufig im 
Elektrometer den kurzen Ausschlag, welcher dem elektrischen Reiz ent¬ 
spricht, gefolgt von dem langsameren, welcher den durch das Rückenmark 
übertragenen Reiz darstellt. Macht man den Strom stärker, so wird der 
letztere oscillirend. Dass die Dauer des physiologischen Innervationsanstosses 
bis V3 Secundo betragen könne, erscheint mir nicht unwahrscheinlich; 
doch bleibt dabei zu beachten, dass wir vorläufig keine Veranlassung haben, 
dem physiologischen Einzelreiz eine bestimmte, allemal gleiche Dauer zuzu¬ 
schreiben. Der letztere Punkt, die Mannichfaltigkeit der physiologischen In¬ 
nervation, erscheint mir noch in anderer Beziehung wesentlich. Wenn, wie 
Lovén angab und ich bestätigen kann, die Oscillationsfrequenz der physio¬ 
logischen Innervation innerhalb einer gewissen Breite variabel ist, so kann 
es auch so sehr nicht auffallen, wenn bei elektrischer Tetanisirung des 
Rückenmarkes eine noch höhere Frequenz erreicht wird. Helmholtz sagt 
a. a. 0.: „dagegen sah ich schwache Schwingungen der Feder, welche der 
natürlichen Vibrationszahl des Froschrückenmarkes zu entsprechen schienen,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.