Abhängigkeit deb Erregung vom sseitmchun Verbaue der Ströme. 369
physiologische Contraction im Allgemeinen keinen secnndären Tetanus?
Zweitens, wie war zu erklären, dass ein Froschmuskel schon durch acht
Anstösse in der Secundo in vollkommen stetigen Tetanus versetzt werden
konnte, während Inductionsschläge zu dem gleichen Effect in erheblich
grösserer Frequenz ein wirken müssen? Hierzu kann noch die Beob¬
achtung Wedenskii’s1 gefügt werden, dass die beim physiologischen
Tetanus mittels des Telephons wahrzunehmende akustische Erscheinung eine
ganz andere ist, als die durch Reizung mit IS—20 Inductionsschlägen per
Secundo zu erzielende. Die Vermuthung Loven’s, dass der physiologische
Einzelreiz zeitlich viel gedehnter sei, als der durch den Inductionsschlag zu
erzielende Momentanreiz, erklärt alle diese Erscheinungen aufs Einfachste;
und sie findet, glaube ich, in den oben angeführten Ermittelungen über
die Wirkung linearer Stromschwankung eine werthvolle positive Stütze. In
der That ist es nicht unberechtigt zu sagen, dass die elektrischen Zeitreize
eine Vermittelung zwischen dem Momentanreiz und dem physiologischen Reiz
darstellen. Diese Vermittelung wird wohl eine noch vollständigere werden,
wenn Beobachtungen über stetige Totanisirung durch Stroinoseillationen von
geringerer Frequenz und endlicher Steilheit vorliegen. Es wird bei dieser
Auflassung der physiologischen Innervation die andere Vorstellung entbehr¬
lich, welche von Brücke erörtert wurde, und welche, wie bekannt, das
Ausbleiben des secundärcn Tetanus durch die Ungleichzeitigkeit der Er¬
regungsvorgänge in den einzelnen Muskelfasern erklären wollte. Diese
Vorstellung scheint bei dem gegenwärtigen Stande der Kenntnisse keines¬
wegs wahrscheinlich, aber doch unwiderleglich und sie macht es, wie ich
glaube, unmöglich, so lange die Beobachtung einzelner Muskelelemente
nicht gelingt, über die physiologische Innervation etwas Bestimmtes zu be¬
weisen. Unwahrscheinlich ist sie deswegen, weil cs nicht einzusehen ist,
weswegen bei der ungleichzeitigen Thätigkeit der einzelnen Elemente eine
Beobachtung der Actionsströme an sehr vielen Elementen zugleich doch
noch immer einen regelmässigen Rhythmus erkennen lässt, während man
doch erwarten sollte, die Rhythmik hier durch die grosse Zahl der ver¬
schiedenen Phasen ganz verschwinden und durch eine scheinbare Stetigkeit
ersetzt zu sehen. Wie dem auch sein mag, jedenfalls lässt sich, so viel
ich sehe, aus Beobachtungen über die physiologische Innervation die Exi¬
stenz der protrahirten Erregungsanstösse niemals mit Sicherheit nachweisen.
Aus demselben Grunde bleibt die nun zunächst sich darbietende Aufgabe
mit einer, gar nicht zu beseitigenden Unsicherheit behaftet, die nämlich,
die Damn- des physiologischen Reizaustosses zu bestimmen. Selbst bei der
erwähnten Unsicherheit der Deutung schien cs mir aber doch von grossem
1 J)ies Archiv. 18b3. S. 324.
Archiv f. A. u. IM». 1881. Physio). Abthlg.
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