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v. Kries:
immer nur geringfügige, doch aber deutliche Unterschiede. Erwägt man,
dass, wie wir oben sahen, manche Nerven, wenn ich mich so ausdrücken
darf, nach einer kürzeren, andere nach einer längeren Zeiteinheit rechnen,
so kann es nicht befremden, wenn in zahlreichen Fällen die Erregungs¬
dauer zu kurz ist, um in der Muskelzuckung sich noch geltend zu machen.
Als äusserstes Beispiel eines Unterschiedes im zeitlichen Verlauf gebe
Fig. 6.
Zeitlicher Verlauf der Zuckung bei Momentan- und Zeitreiz. (m und z) 1 mm = 0-012 Sec.
ich in Fig. 6 die übereinander gepausten Zeichnungen je einer von demselben
Muskel bei Momentanreiz und bei Zeitreiz ausgeführten Zuckung. Da 1mm
der Trommelperipherie 1/SB Sec. entspricht, so ist der Zuckungsgipfel gegen
den Zuckungsanfang um etwa 1/26 Sec. verschoben. Oft ist auch nicht die
geringste Spur einer solchen Differenz wahrzunehmen. Einen solchen Fall
zeigt Fig. 7, wo die beiden Zuckungen nebeneinander gepaust sind, weil
sie sonst vollständig zusammenfallen würden.
Auch diese Erscheinung deutet
sich am ungezwungensten, wenn
wir uns vorstellen, dass die Er¬
regung des Nerven durch die
einsinnige Stromschwankung eine
gewisse Zeit hindurch andauere,
welche unter Umständen gegen
das zeitliche Maass der Muskel¬
zuckung nicht mehr verschwindend
klein ist. — Man wird auch hier kaum daran denken können, dieser Deutung
die andere entgegenzustellen, dass es sich um eine Thätigkeit verschiedener
Muskelelemente bei den Momentan- und Zeitreizen handle. Wenn schon
die Gleichheit des Verlaufs bei minimalen Beizen dagegen spricht, so wird
auch der sehr kleine Unterschied des Zuckungsverlaufs, wie wir ihn hier
finden, eher dagegen als dafür ' sprechen, um so mehr da er oft ganz fehlt.
Fig. 7.
Zeitlicher Verlauf der Zuckung bei Momentan-
und bei Zeitreiz. (Versuch vom 15. Jan. 84).