Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

Allgemeine Formen der Schall Vorstellungen. 
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fâcher Vorstellungs- und Gefühlszeichen geworden. Sie gibt nun nicht 
mehr bloß über den eigenen Ursprung des Klangs, sondern über alles 
Auskunft, was der sprechende Mensch, aus welchem der Laut entspringt, 
damit ausdrücken will. 
Von dem Klangcharakter der Vocale kann man sich am einfachsten über¬ 
zeugen, wenn man umgekehrt den Yocalcharakter der Klänge aufmerksam beob¬ 
achtet. Der nahezu obertonfreie Klang einer tiefen Stimmgabel oder Lippen¬ 
pfeife hat an und für sich den Charakter des U, eine obertonreichere Zungen¬ 
pfeife von derselben Tonhöhe klingt als 0; noch deutlicher wird dies, wenn 
man zu dem Ton der Zungenpfeife den 3. bis 6. Oberton hinzufügt. Durch 
weitere Beimischung noch höherer Obertöne bis zum 8. geht dann 0 durch Ä 
in A über. Verbindet man dagegen den Klang U mit Obertönen, die jenseits 
des 8. gelegen sind, so entsteht zuerst Ü und dann /. Geht man von einem 
Grundton c aus, so lässt sich demnach die Obertonreihe der Vocale folgender¬ 
maßen darstellen: 
c c1 cA 
2 3 
c2 
4 
e2 g‘ 
5 6 
u o 
Grund, ton 
62 c3 d3 
7 8 9 
a 
X 3s X i3 ^ 0* X dl X 
1 f 12 13 14 15 16 17 18 19 
ü 
e* X X X 34 9*4 
20 21 22 23 24 25 
i 
Das Zeichen X bedeutet, dass die entsprechenden Töne in der musika¬ 
lischen Scala fehlen. À und E lassen sich als Combinationen von U und J durch 
entsprechende Vertheilung der relativen Intensität der beiderlei Obertöne lier- 
stellen. Hiernach kann man sich das ganze System der Vocale auch, analog 
wie das Farbensystem aus den drei Grundfarben, aus den drei Grundvocalen 
U} A und J erzeugt denken. Construirt man ein Vocaldreieck, in welchem 
diese drei die Ecken bilden, so liegen A und 0 auf der Seite zwischen U und A, 
Ü zwischen U und /, Ä und E zwischen A und /. Mit dem Grundton wechselt 
natürlich einigermaßen die Lage der für den Vocal charakteristischen Obertöne; 
es ist somit nicht sowohl die absolute Hohe der letzteren als ihre relative Lage 
zum Grundton, analog wie bei der Klangfarbe der musikalischen Instrumente, 
kennzeichnend. In dieser Beziehung sind die Resultate von Grassmann, mit 
denen die Versuche von J. Lahr 1) sowie meine eigenen Beobachtungen überein¬ 
stimmen, nicht im Einklänge mit der von Helmholtz aufgestellten Vocaltheorie, 
nach welcher bestimmte, für jeden Vocal absolut unveränderlich bleibende Vocale 
charakteristisch sein sollten. Doch haben auch die Versuche von F. Auerbach2), 
die sich sonst der HELMHOLTz’schen Theorie mehr annähern, dieselbe hierin 
nicht bestätigen können. Auch weicht Auerbach in der Angabe der charakteri¬ 
stischen Tone von Helmholtz ab. 
1) J. Lahr, Wiedem. Ann., XXVII, S. 94. 
2) F. Auerbach, Wiedem. Ann., IV, S. 508.
	        
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