Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

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Metaphysische Hypothesen über das Wesen der Seele. 
vorgegangen sind. Schon mit Rücksicht auf diesen gemischten Ursprung 
und ihre überall hervortretende Tendenz, der psychologischen Erfahrung 
vorauszueilen, werden wir von diesen Hypothesen keine Aufschlüsse er¬ 
warten dürfen, die allen Erfordernissen genügen. Trotzdem werden wir 
an denselben schon deshalb nicht vorübergehen können, weil uns in ihnen 
Anschauungen begegnen, die heute noch weit verbreitet sind, und die 
ihre Wirkung auf die Auffassung der innern Erfahrung immer noch in 
reichem Maße ausüben. Auch werden wir immerhin vermuthen dürfen, 
dass Vorstellungen, die sich so lange erhalten und eine so große Bedeu¬ 
tung gewonnen haben, nicht ohne eine gewisse, wenn auch möglicher¬ 
weise sehr beschränkte und nur relative, Berechtigung sein können. Eine 
eingehende Kritik metaphysischer Systeme liegt jedoch unserer Aufgabe 
fern. Wir müssen uns hier auf eine kurze Erörterung der drei für 
die Beantwortung des psychologischen Problems maßgebenden metaphy¬ 
sischen Anschauungen beschränken, welche, aus frühen mythologischen 
Vorstellungen gemeinsam entsprungen, in der philosophischen Speculation 
sich allmählich geschieden haben. Diese drei Anschauungen sind die des 
Materialismus, des Spiritualismus und des Animismus. 
1. Materialismus. 
Der Materialismus ist die älteste philosophische Weltanschauung. In 
der Geschichte der Philosophie ist er in einer doppelten, einer dualisti¬ 
schen und monistischen Form aufgetreten. Der dualistische Mate¬ 
rialismus oder der Materialismus mit den zwei Materien begegnet uns 
in jenen frühesten naturphilosophischen Lehren, welche das Geistige auf 
eine feinere, mit dem körperlichen Stoff äußerlich verbundene Materie 
zurückführen. Nur selten ereignen sich noch in neueren Zeiten bei 
Geistern, die sonst dem Spiritualismus zugeneigt sind, Rückfälle in diese 
mehr mythologische als philosophische Anschauung. Im Gegensätze zu 
ihr ist der monistische Materialismus ein verhältnissmäßig spätes, 
zumeist aus einer skeptischen Bestreitung überkommener spiritualistischer 
Lehren hervorgegangenes Erzeugniss des philosophischen Denkens. 
Diese zweite Form des Materialismus, die gegenwärtig allein noch 
wissenschaftliche Bedeutung beansprucht, stützt sich einerseits auf die 
verhältnismäßige Sicherheit unserer Vorstellungen über die Objecte der 
Außenwelt gegenüber dem unsichern und schwankenden Charakter der 
innern Erfahrung, anderseits auf die von keinem vorurtheilsfreien Psy¬ 
chologen zu verleugnende Thatsache der durchgängigen Gebundenheit des 
geistigen Lebens an körperliche Vorgänge. Sie betrachtet demnach das 
Psychische entweder als eine Wirkung oder als eine Eigenschaft der
	        
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