Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

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Ausdrucksbewegungen. 
lieh das zweite, auch für die Gedankenäußerung keineswegs bedeutungs¬ 
los. Indem das Mienenspiel des Gesichts fortwährend die Gefühle und 
Affecte andeutet, welche mit den ausgedrückten Zeichen verbunden wer¬ 
den, wird die Bedeutung dieser Zeichen verständlicher. Auf diese Weise 
bildet besonders die Mimik des Mundes einen fortlaufenden, wenn auch 
nur auf Gefühle hinweisenden Commenter zu dem, was Auge, Hand und 
Finger directer ausdrücken. Diese Begleitung durch Geftihlsausdrücke fehlt 
auch bei der Lautsprache keineswegs; sie pflegt nur ungleich lebendiger 
zu sein bei der Geberdensprache, die kein Hüllsmittel entbehren kann, 
das zu größerer Verdeutlichung dienen mag. 
Der Sprachlaut entspringt gleich der Geberde aus dem Trieb, der 
in den Menschen gelegt ist, seine Gefühle und Affecte mit Bewegungen 
zu begleiten, welche zu den gefühlerregenden Eindrücken in unmittel¬ 
barer Beziehung stehen und dieselben durch subjectiv erzeugte analoge 
Empfindungen verstärken. Ursprünglich entstehen zweifellos alle diese 
Bewegungen in der Form einer Triebhandlung. Auf das Object, das seine 
Aufmerksamkeit fesselt, weist der Naturmensch mit der Hand hin; die 
Bewegung anderer Wesen oder selbst lebloser Objecte, die sein Mitgefühl 
erregen, bildet er nach durch eine ähnliche Bewegung, und er begleitet 
diese Bewegungen mit Lauten, welche nach dem Princip der Verbindung 
analoger Empfindungen die stumme Geberde verstärken. Oder er weckt 
eine reproducirte Vorstellung zu größerer Lebendigkeit, indem er den 
Gegenstand derselben durch malende Pantomimen nachbildet und wieder 
einen gleich bedeutungsvollen Laut hinzufügt. Noch heute können wir 
diesen Process an Menschen von lebhafter Phantasie beobachten, wenn 
sie ihre einsamen Gedanken mit Gesticulationen und Worten begleiten. 
Nur das Wort finden sie in der Sprache bereits vor, das jener erste Natur¬ 
mensch, wie wir ihn hier voraussetzen, gleichfalls in der Form einer 
natürlichen Geberde hervorstieß. Aber die ursprüngliche Klanggeberde 
unterscheidet sich von der stummen Pantomime wesentlich dadurch, dass 
sich in ihr die Bewegung mit der Schallempfindung verbindet. Sie bietet 
also der äußern Vorstellung, an die sie sich anschließt, eine doppelte 
subjective Verstärkung dar, und hierdurch schon muss sie die stumme 
Geberde an versinnlichender Kraft hinter sich lassen. Als begleitende 
Bewegung kann auch der Taubstumme die Klanggeberde gebrauchen, 
indem er für bestimmte Vorstellungen bezeichnende Laute hat, die ihm 
selbst nur als Bewegungsempfindungen bewusst sind1). Aber das weitaus 
überwiegende Element der Klanggeberde ist vermöge der hohen Entwick- 
') Vgl. oben S. 503 und Steikthal, in Prutz’ deutschem Museum. 4 851, I, S. 917.
	        
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