Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

Allgemeine Formen der Ausdrucksbewegungen. 
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Zähler, der Ereignisse einer fernen Vergangenheit berichtet, braucht wohl 
die gleiche Bewegung, wenn ein ähnlicher Affect in ihm aufsteigt. Nach 
Darwin s Ermittelungen scheint übrigens diese Geberde nur bei Völkern 
heimisch zu sein, welche mit den Fäusten zu kämpfen pflegen1). Bei 
heftigem Zorn kann sich die nämliche Bewegung mit der Entblößung der 
Zähne verbinden, als sollten auch diese zum Kampfe verwendet werden. 
Als Gegensatz zu dem aggressiven Emporrecken des Halses, wie es dem 
Zorn und energischen Muth eigen ist, erscheint das Achselzucken, eine 
ursprünglich wohl dem ängstlichen Verbergen und andern zweifelhaften 
Gemüthslag'en eigenthümliche Geberde, die bei uns zum gewöhnlichen 
Ausdruck der Unentschiedenheit geworden ist. Wir können es als eine 
unwillkürliche Rückzugsbewegung, oder, wo es sich, wie oft beim eigent¬ 
lichen Zweifel, mehrmals wiederholt, als einen Wechsel zwischen Angriff 
und Rückzug auffassen. Von ähnlicher Bedeutung sind die Geberden der 
Bejahung und Verneinung. Bei der ersteren neigen wir uns einem fin- 
girten Objecte zu, bei der letzteren wenden wir uns mehrmals von dem¬ 
selben ab. Endlich fällt unter dieses Princip fast die ganze Mimik des 
Au ges. Bei gespannter Aufmerksamkeit ist der Blick fest und fixirend, 
auch wenn das Object, dem sich unser aufmerksames Nachdenken zu¬ 
wendet, nicht gegenwärtig ist. Ferner öffnet sich das Auge weit im Mo¬ 
ment der Ueberraschung ; es schließt sich plötzlich beim Erschrecken. Der 
Verachtende wendet den Blick zur Seite, der Niedergeschlagene kehrt ihn 
zu Boden, der Entzückte nach oben. Von den Bewegungen des Auges 
hängt zugleich der mimische Ausdruck seiner Umgebung ab. So legt sich 
bei lebhaft geöffnetem Auge die Stirn in horizontale, bei fest fixirendem 
Blick in verticale Falten. Die senkrechte Stirnfurchung verbunden mit 
dem gespannten Blick wird durch ihre Uebertragung auf verschiedenartige 
Vorstellungen ein sehr verbreiteter mimischer Zug, welcher angestrengtes 
Nachdenken, Sorge, Kummer, Zorn ausdrücken kann. Erst die übrigen 
Ausdrucksbewegungen können in diesem Fall Licht werfen auf die beson¬ 
dere Richtung der Stimmung. 
Es wurde schon bemerkt, dass die drei hier erörterten Principien des 
Ausdrucks zu einem gemeinsamen Effect sich combiniren können. So sind 
denn in der That meistens die Aeußerungen der Gemüthsbewegungen von 
zusammengesetzter Art und bedürfen daher einer Zergliederung in ihre 
Elemente. Diese Untersuchung der einzelnen mimischen Formen liegt 
außerhalb unserer Aufgabe2), bei der es sich bloß um die Nachweisung 
1) Darwin a. a. O. S. 252. 
2} Man vergleiche hierüber namentlich die angeführten Werke von Darwin und 
Piderit , sowie meinen Aufsatz über den Ausdruck der Gemüthsbewegungen, Essays, 
S. 222.’
	        
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