Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

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Einfluss des Willens auf die Körperbewegungen. 
verbinden, kann erst da statuirt werden, wo die Erscheinungen deutlich eine 
Wiedererweckung früherer Vorstellungen verrathen. 
Aus der Physiologie ist der Begriff des Reflexes in die Psychologie ein¬ 
gedrungen. Er hat aber hier in neuerer Zeit eine nicht unwesentliche Umge¬ 
staltung erfahren, indem man vielfach überhaupt solche Bewegungen, bei denen 
die Willkür ausgeschlossen schien, als Reflexe bezeichnete, auch wenn beglei¬ 
tende Gefühle und Triebe als die psychischen Bedingungen der äußeren Bewe¬ 
gung nachzuweisen waren1). Es kann nun zwar an und für sich Niemanden 
verwehrt werden, einen bestimmten Ausdruck in verändertem Sinn zu gebrauchen. 
Es scheint aber sehr fraglich, ob in dem gegenwärtigen Fall die Veränderung 
eine zweckmäßige gewesen ist. Vieldeutigkeit der Begriffe bringt immer ge¬ 
wisse Gefahren mit sich. Jedenfalls besteht die Nothwendigkeit, die rein mecha¬ 
nischen Reflexbewegungen von denjenigen zu sondern, bei denen psychische 
Ursachen wirksam erscheinen. Zu diesem Zweck empfiehlt es sich aber am 
meisten, den Ausdruck Reflex in dem hauptsächlich durch J. Müller in die 
Physiologie eingeführten Sinne auch für psychologische Zwecke beizubehalten, um 
so mehr da wir, wie unten gezeigt werden soll, für die unter psychischem An¬ 
trieb geschehenden Reflexe in dem Wort »Triebbewegungen« eine vollkommen an¬ 
gemessene Bezeichnung besitzen. Auch führt diese Bezeichnung nicht das bei 
jener Erweiterung des Reflexbegriffes wirksam gewesene Missverständniss mit 
sich, dass bei derartigen Bewegungen die Function des Willens unbetheiligt sei, 
ein Missverständniss, welches in der oben schon mehrfach gerügten Verwechs¬ 
lung des Willens mit der Willkür seine Quelle hat. 
2. Triebbewegungen und willkürliche Bewegungen. 
Um die Entwicklung der Triebbewegungen zu verstehen, müssen wir 
auf die ursprüngliche Natur der angeborenen Triebe zurückgehen. Diese 
sind aber, wie wir sahen, Zustände eines unbestimmten Begehrens oder 
Widerstrebens, bei denen ein vorhandenes Lust- oder Unlustgefühl Kör¬ 
perbewegungen herbeiführt, deren Effect auf die Verstärkung des Lust¬ 
gefühls oder auf die Beseitigung des Unlustgefühls gerichtet ist2). Da 
kein Wesen bei der ersten Aeußerung der Triebe eine Kenntniss seiner 
eigenen Bewegungen und ihrer Wirkungen besitzen kann, so müssen wir 
die Bewegung zugleich als einen in der vererbten Organisation begrün¬ 
deten mechanischen Erfolg der äußeren Sinnesreize ansehen, welche das 
Gefühl erweckt haben. Nach ihrer physischen Seite gleicht also die Be¬ 
wegung vollständig einer Reflexbewegung. Aber sie unterscheidet sich 
von den eigentlichen Reflexen dadurch, dass sie von Bewusstseinsvorgängen 
begleitet wird, und dass sie, vom Standpunkt der letzteren aus betrachtet, 
eine Handlung ist, welche in einem den Willen eindeutig 
f) Vgl. die Bemerkungen in Cap. XXII über die Entwicklung der Sprache. 
2) Vgl. Abschnitt IV, Cap. XVIII, S. 410 f.
	        
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