Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

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Störungen des Bewusstseins. 
neswahrnehmungen sondern Illusionen verursacht, und zweitens ist die 
Apperception eine veränderte, so dass die Beurtheilung der Erlebnisse 
des Bewusstseins wesentlich alterirt erscheint. 
Die Mehrzahl der Phantasmen des Traumes pflegt man als reine 
Hallucinationen anzusehen. Schwerlich ist diese Annahme gerechtfertigt. 
Wahrscheinlich sind die meisten Traumvorstellungen in Wirklichkeit Illu¬ 
sionen, indem sie von den leisen Sinneseindrücken ausgehen, die niemals 
im Schlafe erlöschen. Eine unbequeme Lage des Schlafenden verkettet 
sich mit der Vorstellung einer mühseligen Arbeit, eines Ringkampfes, einer 
gefährlichen Bergbesteigung u. dgl. Ein leichter Intercostalschmerz wird 
als Dolchstich eines bedrängenden Feindes oder als Biss eines wüthenden 
Hundes vorgestellt. Eine steigende Athemnoth wird zur furchtbaren Angst 
des Alpdrückens, wobei der Alp bald als eine Last, die sich auf die Brust 
wälzt, bald als gewaltiges Ungeheuer erscheint, das den Schläfer zu er¬ 
drücken droht. Unbedeutende Bewegungen des Körpers werden durch 
die phantastische Vorstellung ins Ungemessene vergrößert. So wird ein 
unwillkürliches Ausstrecken des Fußes zum Fall von der schwindelnden 
Höhe eines Thurmes. Den Rhythmus der eigenen Athembewegungen em¬ 
pfindet der Träumer als Flugbewegung1). Eine wesentliche Rolle spielen 
ferner, wTie ich glaube, bei den Traumillusionen jene subjectiven Gesichts¬ 
und Gehörsempfindungen, die uns aus dem wachen Zustande als Licht¬ 
chaos des dunkeln Gesichtsfeldes, als Ohrenklingen, Ohrensausen u. s. w. 
bekannt sind, unter ihnen namentlich die subjectiven Netzhauterregungen. 
So erklärt sich die merkwürdige Neigung des Traumes, ähnliche oder ganz 
übereinstimmende Objecte in der Mehrzahl dem Auge vorzuzaubern. 
Zahllose Vögel, Schmetterlinge, Fische, bunte Perlen, Blumen u. dergl 
sehen wir vor uns ausgebreitet. Hier hat der Lichtstaub des dunkeln 
Gesichtsfeldes phantastische Gestalt angenommen, und die zahlreichen 
Lichtpunkte, aus denen derselbe besteht, werden von dem Traum zu 
ebenso vielen Einzelbildern verkörpert, die wegen der Beweglichkeit des 
Lichtchaos als bewegte Gegenstände angeschaut werden. Hierin wurzelt 
wohl auch die große Neigung des Traumes zu den mannigfachsten Thier¬ 
gestalten, deren Formenreichthum sich der besonderen Form der subjec¬ 
tiven Lichtbilder leicht anschmiegt. Dabei ist dann außerdem der sonstige 
Zustand des Träumenden, namentlich insoweit er durch Hautempfindungen 
1) Scherner, Das Leben des Traumes. Berlin 1861, S. 165. Dieses Werk enthält, 
neben vielen sehr zweifelhaften Deutungen, manche treffende Beobachtung. Verfehlt 
ist leider das Bestreben des Verfassers überall dem Traum eine symbolisirende Eigen¬ 
schaft beizulegen. So leitet er z. B. das Fliegen im Traum nicht einfach aus der Em¬ 
pfindung der Athembewegungen ab, sondern er meint: weil die Lunge selbst zwei Flügel 
habe, so müsse sie in zwei Flugorganen sich darstellen; sie müsse die Flugbewegung 
wählen, weil sie sich selbst in der Luft bewege, u. dgl.
	        
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