Volltext: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2. Band, 3.,umgearbeitete Auflage (2)

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Gnmüthsbewegungen. 
Gleichförmigkeit besitzen. Besonders bei den sinnlichen Gefühlen ist dies 
deutlich. Der Schmerz hat nicht nur viele Stärkegrade, sondern auch je 
nach seinem Sitz mancherlei Färbungen ; aber das gehobene Gemeingefühl 
ist wenig veränderlich. 
In seiner psychologischen Entslehungsweise bildet der Trieb den Gegen¬ 
satz oder auch, wenn man will, die Ergänzung zum Affecte. Dieser letz¬ 
tere beginnt mit der unmittelbaren Einwirkung gegenwärtiger Gefühle auf 
den Verlauf der Vorstellungen. Der Trieb dagegen ist eine durch Ge¬ 
fühle entstandene Veränderung dieses Verlaufes, welche auf eine äußere 
Bewegung und mittelst derselben auf die zukünftige Herbeiführung oder 
Vermeidung gewisser Gefühle gerichtet ist. Deutlich spricht dieses Ver¬ 
hältnis in den einfachsten Formen von Affect und Begehren, in den Zu¬ 
ständen der Ueberraschung und der Erwartung sich aus1). Jede Spannung 
der Apperception, wodurch sich diese einer zu erfassenden Vorstellung 
zuwendet, ist eine elementare Triebäußerung, die sich als Begehrung 
oder Widerstrebung gestaltet, wenn der Inhalt der Vorstellung Anlass gibt 
zu Gefühlen der Lust oder Unlust. In diesem weiteren Sinne könnte man 
also die ganze Bewegung der Aufmerksamkeit, welche den Verlauf der 
Vorstellungen durch den Blickpunkt des Bewusstseins bestimmt, eine Trieb¬ 
äußerung nennen. In der That findet sich von jenem Streben von einem 
Eindruck zum andern, welches dem gewöhnlichen Verlauf unserer Vorstel¬ 
lungen zu Grunde liegt, bis zu den heftigsten Aeußerungen des Begehrens 
eine stetige Reihe von Uebergangszuständen. Streng genommen ist jeden 
Augenblick in uns ein Begehren ebensowohl wie ein Gefühl und ein Affect : 
aber aus allen den leise anklingenden Gemüthszuständen heben wir in der 
Regel die stärkeren hervor, nach denen wir die ganze Gemüthslage be¬ 
stimmen, indem wir so bald das Gefühl bald den Affect bald den Trieb 
als das herrschende in uns anerkennen. Als physiologische Grundlage 
des Begehrens und Widerstrebens müssen wir endlich nach dem ganzen 
Wesen dieser Zustände jene Innervation ansehen, auf welche die Span¬ 
nung der Apperception zurückführt2). Diese Innervation erfolgt bei den 
angeborenen Trieben reflectorisch, indem dabei bestimmte Verbindungen 
innerhalb der nervösen Centralorgane, zu denen eine durch frühere Ge¬ 
nerationen allmählich erworbene Disposition besteht, in Wirksamkeit 
treten. Andere Verbindungen werden erst unter dem Einfluss indivi¬ 
dueller Erlebnisse sich ausbilden. Bei den höheren Trieben vollends 
werden gewisse Complexe reproducirter Vorstellungen den inneren Reiz 
bilden, der die Erregung verursacht. Diese Erregung selbst bleibt in 
1) Siehe oben S. 4 08. 
2) S. 239 f.
	        
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